Lenders
Jürgen Lenders
FDP
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Frage von Axel B. •

Ist es richtig, daß Neubauten/Totalsanierungen im Gegensatz zu Sanierungen von Bahntrassen überwiegend vom Staat finanziert werden? Wäre das nicht ein Anreiz für die DB Netz Neubau zu bevorzugen?

Sehr geehrter Herr Lenders,
Wie auch bei der Diskussion zur Bahntrasse Hamburg-Hannover scheint es, dass die DB Netz AG Neubaustrecken bevorzugt. Sie begründet das auch mit Kostenvorteilen. Die Frage ist, ob der Staat nicht einen falschen Anreiz setzt, wenn es stimmt, dass Neubaustrecken überwiegend durch den Saat finanziert werden, die Sanierung von Bestandstrecken aber nicht.
Der Bundesrechnungshof hat im jüngsten Bericht die systemischen Fehlentwicklungen der Finanzierung der Aufwände im Streckennetz der Deutschen Bahn ebenfalls erwähnt. (Q: Bericht Bundesrechnungshof)

Lenders
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr B.,

grundsätzlich ist zwischen bestandserhaltenden Infrastrukturmaßnahmen der Instandhaltung bzw. Sanierung einerseits und erweiternden Maßnahmen des Neu- und Ausbaus zu differenzieren. Diese unterscheiden sich in ihrer jeweiligen Rechtsgrundlage und damit in der Folge auch in den Finanzierungsmöglichkeiten und -kriterien. Vorhaben des Aus- und Neubaus der Bundesschienenwege sind gesetzlich im Bedarfsplan Schiene, der Anlage zu § 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) definiert. Maßnahmen der Instandhaltung bzw. Sanierung im Bestandsnetz tätigen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) der Deutschen Bahn AG gemäß § 8 (4) BSWAG in eigener Verantwortung. Die Finanzierung erfolgt aus Eigenmitteln der EIU (Instandhaltung) oder durch Zuschüsse des Bundes im Rahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (Ersatzinvestitionen). Die DB Netz AG als Vorhaben-trägerin von Vorhaben des Bedarfsplans Schiene ist somit nicht frei darin, notwendige Infrastrukturmaßnahmen auf bestimmten Strecken jeweils der für sie unternehmerisch vorteilhaftesten Finanzierung zuzuordnen. Nur dann wäre jedoch der von Ihnen beschriebene Fehlanreiz gegeben.

Im Rahmen der ergebnisoffenen Planung von Bedarfsplanvorhaben sind zudem stets die verkehrliche Zielerfüllung und die Wirtschaftlichkeit der Gesamtmaßnahme wesentliche Entscheidungskriterien des Varianten-vergleichs. In der Regel sind Aus- und Neubauvarianten hier nicht gleichwertig. Entgegen der öffentlich weit verbreiteten Annahme ist eine reine Ausbaustrecke (ABS) keineswegs per se die kostengünstigste und schneller umzusetzende Variante zur Erreichung der verkehrlichen Ziele im Vergleich zu einer Neubaustrecke (NBS). Die Kosten liegen bei einer ABS oftmals deutlich höher, insbesondere aufgrund der zahlreichen erforderlichen Bauzustände (Bauen im Betrieb) sowie der umfassenden baulichen Eingriffe in die Bestandsstrecke, die de facto einen Neubau im Bestand bedeuten. Dies hat zudem langjährige signifikanten Belastungen für Anwohnerinnen und Anwohner sowie Pendlerinnen und Pendler zur Folge.

Die bei der ABS in der Regel deutlich langwierigere Bauzeit aufgrund der parallelen Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs und logistischer Herausforderungen führt dazu, dass die verkehrlichen Potenziale und Kapazitätszuwächse des Ausbaus erst wesentlich später realisiert werden können. Auch die Potenziale zur Generierung eines möglichst hohen volkswirtschaftlichen Nutzens sind im Bestand deutlich limitiert, da insbesondere Fahrzeitverkürzungen einen zentralen Optimierungsansatz darstellen.

Mit Blick auf das konkrete Trassenauswahlverfahren bei der ABS/NBS Hamburg - Hannover ist festzuhalten, dass sich die von Ihnen erwähnten Aussagen der DB hinsichtlich von Kostenvorteilen auf den Vergleich der verschiedenen Varianten eines Aus- bzw. Neubaus im Ergebnis der Planung für dieses spezifische Vorhaben beziehen. Es geht dabei nicht um einen Vergleich zwischen Neubau und Sanierung. Zudem werden hier im Zuge der Planung Gesamtkosten der verschiedenen Variante ermittelt Über die späteren Finanzierungsanteile ist damit noch nichts gesagt. Generell gilt zudem, dass sich die EIU gemäß Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung mit einem Eigenbeitrag an der Finanzierung der Vorhaben beteiligen. Bei einem Großvorhaben wie der ABS/NBS Hamburg - Hannover erreicht dieser Beitrag schnell eine signifikante Höhe, sodass auch hier wirtschaftliche Fehlanreize vermieden werden.

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