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Jürgen Klimke
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Frage von Michael S. •

Frage an Jürgen Klimke von Michael S. bezüglich Finanzen

Lieber Herr Klimke,

Zunächst vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Diskussionsform. Ich bin sicher, dass alle Seiten vom hier geführten Gedankenaustausch profitieren werden.

Meine Frage an Sie richtet sich auf etwas sehr Grundsätzliches.Ich möchte Sie herzlich und aufrichtig bitten, Ihre Antworten didaktisch so zu formulieren, dass ein Kind sie problemlos verstehen kann. Verzichten Sie daher bitte auf wertende Begriffe, komplexe Syntaxen, Negationen, Reifikationen oder Metaphern und - sofern möglich - Fachtermini. Es geht darum, Klarheit über ein Kernthema zu gewinnen. Hier die Fragestellung:

Der CDU wird gerne "Wirtschaftskompetenz" zugesprochen. Um kompetent zu sein, muss man die Mechanik der Wirtschaft kennen. Ohne Kenntnis der Mechanik kann man das System nicht kompetent steuern. Angela Merkel hat im Wahlkampf absolute "Vorfahrt für das Wirtschaftswachstum" gefordert. Damit ist angedeutet, dass dieses ständige Wachstum die essentielle Grundlage für alles Weitere sei. Somit ergeben sich mehrere Fragen:

(1) Weshalb muss oder soll die Wirtschaft ständig wachsen?

(2) Warum gibt es trotz ständigen Wachstums eine Zunahme der Arbeitslosigkeit?

(3) Derzeit beeinträchtigt die Finanzkrise die Realwirtschaft. Angela Merkel fordert nun auf EU-Ebene eine zentralisierte Wirtschaftsregierung ( http://www.tagesschau.de/wirtschaft/eugipfel290.html ) und eine deutliche Anhebung des Rentenalters. Welches ist das rationale Ziel daran, Renter einem bereits aussichtslos überlaufenen Arbeitsmarkt aufzudrängen?

(4) Statistisch (SOE-Panel des DIW Berlin, 2008) ruhen inzwischen rund 61,6% des deutschen Vermögens (derzeit etwa 4.000 Milliarden Euro) bei nur 10% der Bevölkerung; die Arm-Reich-Schere verschärft sich exponentiell. Ökonomen wie Prof. Bernd Senf machen das Zinssystem dafür verantwortlich; sie sehen hierin die Ursache für soziale Spannungen, Finanzkrisen und sogar Weltkriege. Warum hat bspw. Herr Prof. Senf unrecht?

Herzliche Grüße,
Michael Schulz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schulz,

herzlichen Dank für Ihre Frage auf www.abgeordnetenwatch.de.
zu 1).
Die Wirtschaft muss nicht ständig wachsen, sie wächst - siehe Wirtschaftskrise - auch nicht immer. In Zukunft wird - bei einer schrumpfenden Bevölkerung - die Wirtschaft sicher nicht in jedem Jahr wachsen. Ein Wachstum pro Kopf der Bevölkerung und eine Verbesserung des Wohlstands streben wir natürlich an, sie erscheint auch aufgrund von Innovationen und Effektivierungsprozessen möglich. Grundsätzlich geht es nicht nur um Wachstum, sondern um ökologisch und sozial nachhaltiges Wachstum. Wenn die Bundeskanzlerin Vorfahrt für Wirtschaftswachstum fordert, dann verstehe ich darunter einen Abbau von Wachstumshemmnissen, wie z. B. Bürokratie und die Ablehnung einer Politik, die ohne Rücksicht auf die Wirtschaft agiert. Das unterstütze ich voll und ganz.
zu 2).
Die Arbeitslosigkeit nimmt derzeit ab und wird dies voraussichtlich auch zukünftig tun. Die Ursache dafür, dass früher selbst bei hohem Wachstum nur wenige Arbeitsplätze generiert wurden, hat auch mit der mangelnden Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu tun. Instrumente wie Zeitarbeit konnten hier Verbesserungen herbeiführen.
zu 3).
Eine besser abgestimmte Wirtschaftspolitik ist eine der Konsequenzen aus der Euro-Krise. Meiner Meinung nach ist am wichtigsten, dass die Euro-Mitgliedsländer ihre Hausaufgaben machen müssen und die Defizite in den Griff bekommen. Eine der Maßnahmen dafür kann eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit sein. In Deutschland haben wir eine Anhebung des Rentenalters auf 67 schon beschlossen. Sie ist nötig, weil unsere Bevölkerung schrumpft und das Lebensalter steigt. Somit finanzieren immer weniger Arbeitende immer mehr Rentner. Mit der Verlängerung der Arbeitszeit wird das ein wenig ausgeglichen. Das ist auch kein Problem, denn in wenigen Jahren wird der Arbeitsmarkt nicht mehr überlaufen sein und die Qualifikationen älterer Arbeitnehmer werden sehr willkommen sein.
zu 4).
Es gibt genügend Instrumente der Umverteilung in Deutschland. Das Arbeitslosengeld II ermöglicht es den Menschen, davon zu leben. Es trägt laut OECD jedoch zur Armut in Deutschland bei, weil es zu wenig Anreize zur Aufnahme von Arbeit bietet, die wiederum das beste Mittel gegen Armut ist. Zur Frage der vermeintlichen Verschärfung der Arm-Reich-Schere gibt es - soweit ich weiß - unterschiedliche Studien. Eine gewisse Ungleichheit der Vermögensverteilung gehört jedoch zu unserem Wirtschaftssystem - oder anders ausgedrückt: Die Chance, reich zu werden motiviert stärker als eine Politik der totalen Umverteilung. Von dem unternehmerischen Erfolg profitiert dann über Steuern und die Schaffung von Arbeitsplätzen auch wieder die Gesellschaft. Wenn Sie Zahlen über die Vermögensverteilung ins Feld führen, könnten auf anderer Seite die Steuern ins Feld geführt werden: Ein geringer Anteil von Gutverdienern trägt zu einem Großteil der Lohnsteuereinnahmen bei. Gleichwohl ist die Verteilung des Wohlstands ein Thema, das wir im Auge behalten müssen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Zeilen meine Meinung deutlich
machen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Klimke