Frage an Jürgen Herrmann von Patrick O. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Hermann,
es ist unglaublich mit welcher Selbstverständlichkeit ihre Partei die Wehrpflicht verteidigt. Ein Zwangsdienst stellt normal die letzte und schlechteste, jedoch die einfachste Personalbeschaffung dar. Es handelt sich nur noch um eine möglichst billige Nachwuchsgewinnung, die Kosten hat eine immer kleiner werdende Minderheit zu tragen die diesen „Schnupperkurs beim Bund“ besuchen darf. Wirkliche Argumente dafür gibt es nicht. Den neuen Bedrohungslagen auf der Welt sollen Wehrpflichtige mit einer Ausbildung von 9 Monaten entgegentreten, das ist doch unglaubwürdig. In dieser Zeit werden Wehrpflichtige sicherlich keine Spezialisten die den Umgang mit immer komplexer werdenden Waffensystemen sicher beherrschen. Es werden Spezialisten benötigt, hier ist eine Berufsarmee die einzig richtige Wahl. Wie am Beispiel der USA zu sehen, stehen die Bürger auch bei einer Berufsarmee hinter ihren Soldaten.
Der Bürger in Uniform ist eines der abenteuerlichsten Argumenten, wo doch jeder das Recht auf Verweigerung des Dienstes an der Waffe hat gibt es keinen Spiegel der Bevölkerung bei der Bundeswehr. Was sich an den Skandalen der letzten Jahre gezeigt hat. Um den Nachwuchs sicherzustellen, muss die Bundeswehr sicherlich attraktiver und wesentlich effizienter werden, wenn man bedenkt, dass sie bei der geringen Truppenstärke, welche sich in Auslandseinsätzen befindet, schon ausgelastet sein soll. Der Zivildienst ist ein weiteres Argument gegen die Abschaffung. Selbst die Organisationen haben vor einiger Zeit mitgeteilt, dass sie auch ohne Zivildienstleistende zurecht kommen. Es können zudem zusätzliche versicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen, denn Zivis sind bei genauerer Betrachtung relativ teuer.
Ein endgültiges Urteil des Bundesverfassungsgerichtes steht bis heute aus.
Und was für einen Schluss möchte die CDU daraus ziehen, bloß keinen Fortschritt in Richtung Freiheit. Am liebsten doch Zwangsdienst für alle, finden Sie das die beste Lösung?
Sehr geehrter Herr Otten,
die Wehrpflicht als Dienstpflicht für alle männlichen Bürger unseres Landes ist seit Jahrzehnten verfassungsrechtlich legitimiert. Die Nachwuchsgewinnung stellt dabei nur eine, wenn auch wichtige Facette dar. Die Bedrohungslage hat sich seit vielen Jahren gewandelt und ändert sich ständig weiter. Auch darauf stellen sich unsere Streitkräfte nachhaltig ein.
Das bei einem „Betrieb“ von einer Viertelmillion Menschen auch Fehler passieren, ist wohl jedem verständlich. Diese aber auf die Bundeswehr als Ganzes zu beziehen, finde ich eher abwegig. Ich gebe Ihnen Recht, dass unsere Bundeswehr attraktiver und auch noch effizienter werden muss. Daran wird gearbeitet. Dazu gehört beispielsweise aber auch, dass unsere Soldaten nach Möglichkeit nur vier bis sechs Monate am Stück in den Auslandseinsätzen eingesetzt werden. Bei den von Ihnen angeführten amerikanischen Streitkräften, sind diese Stehzeiten deutlich länger, zum Teil sogar mehrere Jahre. Mit attraktiven und auch familienfreundlichen Arbeitsplätzen hat das nichts zu tun. Dies wollen wir nicht. Im Übrigen bedarf es wegen des logistischen Aufwandes zum Teil sogar mehr als zehn Mann im „Hintergrund“, um eine Soldatin oder einen Soldaten im Ausland etwa für Patrouillen einsetzen zu können.
Den „Staatsbürger in Uniform“ als ein abenteuerliches Argument zu diffamieren, halte ich für unsachlich und hat im Übrigen nichts mit Verweigerung oder dem „Spiegel der Bevölkerung“ zu tun. Das Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“ als Teil der „Inneren Führung“ der Bundeswehr ist als Selbstverständnis des Soldaten zu sehen, welches im Wissen um die deutsche Geschichte ganz bewusst als Gegensatz zu der Stellung des Soldaten früherer deutscher Streitkräfte entwickelt wurde.
Jürgen Herrmann, MdB