Frage an Jürgen Herrmann von Dr. Andreas van A. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Herrmann,
leider habe ich nach wie vor den Eindruck, dass Ihnen der Unterschied zwischen Dienen und Nichtdienen nicht ganz klar ist. Dienen bedeutet einen Zeitverlust von mindestens 9 Monaten, die Verrichtung einer Zwangstätigkeit und den Verlust von zigtausend Euro an entgangenem Einkommen. Bei den Wehrpflichtigen kommt zudem hinzu, dass, zumindest nach der Studie „Gewalt gegen Männer“, 2/3 von ihnen ihre Dienstzeit in keiner guten Erinnerung haben. Wenn von zwei jungen Männern bei gleichem Gesundheitszustand und auch ansonsten gleichen Verhältnissen der eine dienen muss und der andere nicht, dann ist dass im Einzelfall bedauerlich, aber wenn dies heute eher die Regel als die Ausnahme ist, dann ist das ein Skandal und für die Betroffenen unzumutbar.
Vor diesem Hintergrund möchte ich daher gerne von Ihnen erfahren, wie Sie eine inzwischen auf 46,2 % gestiegene Untauglichkeitsquote rechtfertigen, wie es möglich ist, dass von einem Jahrgang weniger als die Hälfte überhaupt einen Dienst verrichten muss und warum mehr Zivil- als Wehrdienstplätze genehmigt werden?
Sie schreiben, dass die Bundeswehr nicht auf die Wehrpflicht verzichten kann, ohne einen qualitativen und quantitativen Schaden zu nehmen.
Diesbezüglich wüsste ich gerne von Ihnen, welchen Schaden die Bundeswehr denn schon genommen hat, dadurch, dass nur noch weniger als 20 % eines Jahrganges gebraucht werden und damit von einem Spiegelbild der Gesellschaft längst keine Rede mehr seien kann?
Weiter wüsste ich gerne, um wie viel besser (z.B an IQ Punkten) unsere Soldaten denn gegenüber z.B. den französischen Soldaten sind?
Zum Schluss muss ich natürlich auch fragen, warum Sie glauben, dass dies überhaupt ein ausreichender Grund sein könnte, die Wehrpflicht beizubehalten?
Viele Grüße
A. van Almsick
Sehr geehrter Herr van Almsick,
die Tauglichkeitskriterien werden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vom Bundesminister der Verteidigung festgelegt. Der Umstand, dass Einzelne von der allgemeinen Wehrpflicht stärker betroffen sind, als andere, ist ebenfalls höchstrichterlich anerkannt und im Übrigen gleichzeitig Spiegel der wiederum gewollten vielfältigen sozialen Ausnahmeregelungen.
Weiterhin ist die Wahrung der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte primäre Aufgabe einer Regierung. In Deutschland hat die allgemeine Wehrpflicht traditionell die Aufgabe, diesem Ziel und damit der Sicherheit unsers Landes zu dienen. Dies tut sie in vielfältiger Art und Weise. Wenn Sie sich die Schwierigkeiten anderer Länder ansehen, die nach Abschaffung der Wehrpflicht eingetreten sind, wird man vorsichtiger, bewährte Strukturen zu beseitigen, ohne neue und vor allem tragfähige aufgebaut zu haben. Die von Ihnen als Scherz gestellte Frage nach den IQ-Werten von Soldaten ist im europäischen Ausland bereits tatsächlich evaluiert worden. Das Ergebnis war übrigens verheerend. Andere Länder Europas, die die Wehrpflicht abgeschafft haben, versuchen ihren Bedarf dadurch zu decken, dass sie in Entwicklungsländern anwerben und dafür eine Einbürgerung versprechen. In dem von Ihnen erwähnten Frankreich wurde während des letzten Präsidentschaftswahlkampfs bereits die Wiedereinführung der Wehrpflicht gefordert.
Herr van Almsick, mir und meiner Partei ist durchaus bewusst, dass die allgemeine Wehrpflicht einen tiefgreifenden Eingriff in das Leben junger Menschen darstellt. Den Eingriff gilt es so gering wie möglich zu halten. Eine Alternative zur Wehrpflicht sehe ich aber bisher auch bei Abwägung aller Argumente nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Herrmann, MdB