Frage an Jürgen Herrmann von Martina R. bezüglich Recht
Werden Sie am 28. September für oder gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkratwerke stimmen? Begründen Sie Ihr Votum (hoffentlich ganz persönlich getroffene Entscheidung als verantwortungsvoller Volksvertreter und Familienvater).
(Das gen. Thema oben passt nicht, aber das Feld musste ausgeüllt werden).
Freundliche Grüße aus Bad Driburg
von Martina Renger
Sehr geehrte Frau Renger,
ich denke, jeder von uns wünscht sich ein schnelles Ende der Atomkraft. Dies ist in Deutschland über alle Parteigrenzen hinweg Konsens. Unterschiede bestehen aber hinsichtlich der restlichen Laufzeit.
Im Übrigen ist bereits diese Haltung bemerkenswert, da sich alle anderen Länder weltweit für Atomkraft aussprechen und sich derzeit über 200 neue Atomkraftwerke im Bau befinden.
Meine Haltung in dieser Frage ist, dass wir die Atomkraftwerke dann abstellen können und sollten, wenn wir für unser Land ausreichend Energie auf anderem Wege erzeugen können. Dies muss zum einen hinsichtlich der CO2 Bilanz einen Fortschritt bringen, denn es nützt nichts, die Kernenergie durch fossile Brennstoffe zu ersetzen. Damit würden wir die umweltpolitischen Probleme nur verschieben. Zum anderen benötigt unsere Bevölkerung und unsere Wirtschaft ausreichend Energie - und zwar zuverlässig und preiswert.
Hier sehe ich im Bereich der erneuerbaren Energien noch Defizite. Wind bläst nicht immer und die Sonne scheint nur tagsüber, in unseren Breiten nicht mal das beständig. Es ist richtig, dass wir in diesem Bereich Fortschritte machen. Wir sind aber auf absehbare Zeit noch nicht in der Lage, die gigantische Menge Energie, die unser Land braucht, zuverlässig aus regenerativen Energien herzustellen. Es fehlt die Infrastruktur, vielfach im Übrigen auch die Bereitschaft, diese zu ermöglichen, wie man an den Protesten gegen Hochspannungsleitungen sieht. In der Nordsee erzeugte Energie wird aber vor allem im industriestarken Süden Deutschlands gebraucht. Es ist bisher nicht möglich Strom zu speichern, was dazu führt, dass tagsüber in guten Tagen bereits jetzt zu viel Solarstrom hergestellt wird, der dann nach Sonnenuntergang fehlt. Allein der Ausgleich dieser enormen Stromschwankungen ist hoch komplex. Schließlich können wir uns als Hochtechnologieland keine Versorgungsunsicherheit der Wirtschaft leisten. Schon heute haben unsere Unternehmen mit erheblichen Benachteiligungen bei bezahlbarer Energie zu kämpfen. Es würde ja auch nichts bringen, um einem vorschnellen Abschalten unserer Atomkraftwerke willen, dann Atomstrom aus dem Ausland kaufen zu müssen.
Zusammenfassend möchte ich betonen: Rot-Grün hat mit den Atomkonzernen einen Atomausstieg ausgehandelt, den keiner in Frage stellt. Leider wurde aber damals bewusst darauf verzichtet, die unangenehmen, weil unpopulären, Probleme der Endlagerung, der Modernisierung und der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen anzupacken. Dies muss nun die jetzige Regierung stemmen. Es geht einerseits lediglich um eine maßvolle Verlängerung der Laufzeit, da jetzt schon absehbar ist, dass wir ansonsten ernstzunehmende Versorgungsprobleme haben werden. (Ob wir aber tatsächlich die bisher im Raum stehenden längeren Laufzeiten vollständig ausschöpfen werden, wage ich durchaus zu bezweifeln.) Andererseits geht es aber auch um die Klärung der Endlagerfrage sowie der schrittweisen und nachhaltigen Sicherung unserer Kernkraftwerke.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Herrmann, MdB