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Jürgen Herrmann
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Frage von Kevin S. •

Frage an Jürgen Herrmann von Kevin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Herrmann,

am Freitag soll im Bundestag über einen Gesetzesentwurf entschieden werden, der das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag verfassungskonform machen würde. Ihre Fraktion lehnt eine Änderung noch vor der Bundestagswahl mit dem Argument ab, das Bundesverfassungsgericht habe eine Frist bis 2011 zugelassen.

Dies kann jedoch wohl kaum als Argument gegen eine verfassungskonforme Wahl schon in diesem Jahr gelten. Vielmehr entsteht hier der Eindruck, es bestünde gar der Wunsch, noch möglichst lange verfassungswidrig wählen zu lassen, um sich daraus ergebende Vorteile für Ihre Fraktion nutzen zu können.

Können Sie also weitere Argumente gegen eine Änderung des Wahlrechts nennen und den Vorwurf der Ausnutzung der Frist aus wahltaktischen Gründen widerlegen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schön,

ob das derzeit geltende Wahlrecht „Vorteile“ für die ein oder andere Partei bei den anstehenden Wahlen mit sich bringen mag, kann dahinstehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil klar Stellung bezogen und diese auch entsprechend begründet:
„Bei der Bestimmung der Frist, die dem Gesetzgeber zur Behebung des verfassungswidrigen Zustandes einzuräumen ist, ist einerseits zu bedenken, dass ein neuer Bundestag möglichst auf verfassungsrechtlich einwandfreier Grundlage gewählt wird. Andererseits fordert der dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen zustehende Gestaltungsspielraum ausreichend Zeit, um die verschiedenen Regelungsalternativen und deren Auswirkungen auf das Wahlrecht angemessen zu berücksichtigen und zu gewichten. Dies erfordert genügend Raum für Anhörungen und Abstimmungen auch mit den Parteien und deren Landesverbänden. Das Gesetzgebungsverfahren muss zudem so rechtzeitig abgeschlossen sein, dass sich die Parteien bei der Aufstellung ihrer Kandidaten auf die neue Rechtslage einstellen können.
Im Hinblick auf die hohe Komplexität des Regelungsauftrags und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Fristen zur Vorbereitung einer Bundestagswahl (vgl. §§ 18, 19 BWG) erscheint es danach unangemessen, dem Gesetzgeber aufzugeben, das Wahlrecht rechtzeitig vor Ablauf der gegenwärtigen Wahlperiode zu ändern. Das reguläre Gesetzgebungsverfahren müsste in diesem Fall spätestens im April 2009 abgeschlossen sein, damit das neue Recht bei den Vorbereitungen zur Wahl zum 17. Deutschen Bundestag berücksichtigt werden könnte. Ein derart kurzer Zeitraum birgt die Gefahr, dass die Alternativen nicht in der notwendigen Weise bedacht und erörtert werden können. Dem Gesetzgeber wäre damit auch die Möglichkeit genommen, das für den Wähler kaum noch nachzuvollziehende Regelungsgeflecht der Berechnung der Sitzzuteilung im Deutschen Bundestag auf eine neue, normenklare und verständliche Grundlage zu stellen. Demgegenüber kann ausnahmsweise hingenommen werden, dass die Sitze im kommenden Bundestag - wie in den vergangenen Jahrzehnten - noch nach § 7 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 und 5 BWG zugeteilt werden. Der Gesetzgeber hat den verfassungswidrigen Zustand aber spätestens bis zum 30. Juni 2011 zu beheben.“ (wörtl. zitiert aus: BVerfGE 121,266; Urteil vom 3. Juli 2008 „Negatives Stimmengewicht“) An diese Vorgaben haben sich die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag gehalten.

Mit freundlichen Grüßen nach Detmold

Jürgen Herrmann, MdB