Frage an Jürgen Gehb von Andreas T. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Herr Gehb,
hat Hans Eichel eigentlich als Oberbürgermeister von Kassel und als Ministerpräsident von Hessen eine solide und nachhaltige Finanzpolitik betrieben?
Sehr geehrter Herr Tümmler,
Hans Eichel war von 1975-1991 Oberbürgermeister der Stadt Kassel, von 1991-1999 Ministerpräsident des Landes Hessen und ist seit 1999 Bundesfinanzminister.
Seit nunmehr 30 Jahren trägt Hans Eichel in der ein oder anderen Form und in unterschiedlicher Verantwortung mit dazu bei, dass der Schuldenberg Kassels wächst. Dies in Mark und Pfennig oder in Euro und Cent einmal zu beziffern, wäre für die Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums, der Stadt Kassel oder eines finanzwissenschaftlichen Institutes eine spannende Aufgabe...
Nun stellt sich am 18. September Hans Eichel als verantwortlicher Finanzminister einer rot-grünen Bundesregierung dem Wähler. Und daher zählt für mich in erster Linie, wie die kommunalpolitische Bilanz von Schröder/Eichel/Fischer aussieht.
Auch in der zweiten Amtsperiode setzte diese rot-grüne Bundesregierung ihre falsch ausgerichtete Politik fort und führte Kassel und viele andere Städte und Gemeinden in die schwerste Finanzkrise seit Bestehen dieser Republik.
Um die eigenen Gestaltungsspielräume auf Kosten der Kommunen auszuweiten, nutzte die rot-grüne Bundesregierung strukturelle Defizite der bundesstaatlichen Finanzordnung in historisch beispielloser Weise aus. Die Einschnitte in die kommunalen Einnahmen (Bsp.: temporäre Erhöhung der Gewerbesteuerumlage), die Aufgaben- und Kostenverlagerung auf die Kommunen (Bsp.: Grundsicherung, Kinderbetreuung) und die Erweiterung von Detailvorgaben (Standards) führten zum faktischen Aushöhlen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts im Sinn von Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes.
Der rasante Anstieg kommunaler Pflichtaufgaben im sozialen Bereich auf der Grundlage von Bundesgesetzen, ist eine der Hauptursachen für den drastischen Rückgang bei allen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben. Fakten schaffen Klarheit: Die Ausgaben für soziale Leistungen sind seit 1998 von 26,1 Mrd. € um 23 % auf 32,1 Mrd. € angewachsen. Aufgrund der einseitigen Politik der Bundesregierung zu Lasten der Kommunen, werden diese seit Jahren dazu gezwungen, die Investitionen in die Infrastruktur immer weiter herunter zu fahren. Seit der rot-grünen Regierungsübernahme im Jahr 1998 sanken die Investitionen von 24,7 Mrd. € um 20,2 % auf 19,7 Mrd. € im Jahr 2004. Das ist nicht nur Gift für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, sondern zeigt, dass die Kommunen immer weniger in der Lage sind, ihre städtebauliche Entwicklung umfassend zu steuern und der Wirtschaft die notwendige Infrastruktur für ein gesundes Wachstum vorzuhalten.
Herzlichen Gruss,
Jürgen Gehb