Frage an Jürgen Gehb von Meik M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gehb,

in einer Radiosendung setzten Sie sich kürzlich für Einsparungen im Prozesskostenhilferecht ein (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/725276/). Demnach sollen hier 25% der Ausgaben von 400 Mio. Euro eingespart werden, indem zukünftig Hilfen für -- wie Sie es ausdrücken -- "Prozesshansel" nicht mehr bewilligt werden. Dem Bericht zufolge sind damit Prozesse um Beträge unter 100 Euro gemeint.

Nun verstehe ich jedoch die Prozesskostenhilfe, die früher "Armenrecht" genannt wurde, im Prinzip so, dass sie zum einen nur denjenigen bewilligt wird, die selbst zu wenig Geld haben, um für ihr Recht zu kämpfen, und zum anderen auch nur dann, wenn bereits gerichtlich festgestellt wurde, dass Aussicht auf Erfolg besteht (d.h. diese mittellose Person offenbar im Recht ist).

Um Einsparungen zu erzielen, könne man die Bedürftigkeitsgrenze nach unten verschieben und den Mindeststreitwert anheben. Beide Bestrebungen sind mir von Ihnen allerdings nicht überzeugend begründet worden. Sie verglichen zwar die derzeitige Vergabe mit "Heizen bei offenem Fenster" sowohl in der DDR als auch bei Hartz-IV-Empfängern. Weiterhin haben Sie sich auch ein Urteil darüber erlaubt, wann ein Hartz-IV-Empfänger 50 Euro sinnvoll oder sinnfrei ausgegeben hat. Aber bezogen auf Ihr Heizbild DDR sieht es de facto doch so aus, dass der Staat die Kosten nur trägt, wenn alle Fenster geschlossen sind und es wirklich friert.

Sind Sie der Auffassung, dass man zukünftig noch weniger Geld als bisher zur Verfügung haben muss, um als "arm" zu gelten? Waren die Bedürftigen bisher "noch nicht arm genug", um öffentliche Unterstützung beim Erstreiten ihrer Rechte erwarten zu dürfen?

Nach o.g. Bericht entsprächen 100 Euro 20 Tagessätzen für Essen & Trinken. Halten Sie es für sozial geboten, ausgerechnet denjenigen finanzielle Hilfen zu versagen (obwohl sie im Recht wären), denen auch Streitwerte in "Prozesshansel"-Höhe das Leben schwer machen?