Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Sebastian H. •

Frage an Josip Juratovic von Sebastian H. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Juratovic,

warum müssen auch diejenigen über 200 Euro GEZ pro Jahr bezahlen, die das Programm des öffentlichen Rundfunks überhaupt nicht nutzen?

Man könnte doch einfach - wie bei Pay-TV-Sendern - das öffentliche Programm verschlüsseln und dann müssten nur noch diejenigen bezahlen, die das Programm sehen möchten.

Darüber hinaus verstehen ich nicht, warum ich für Bundesligarechte oder Tatort bezahlen sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Heß

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heß,

vielen Dank für Ihre Frage zum Rundfunkbeitrag.

Bevor ich Ihnen die juristische Antwort zur Verfügung stelle, möchte ich Ihnen eine politische Antwort geben: Ich bin froh, dass es in Deutschland einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Warum? Weil er die Rolle der vierten Gewalt in unserer Demokratie erfüllt. Wie tut er das? Er schaut Regierung, Parlament und womöglich auch der Justiz auf die Finger und berichtet darüber. Wie kann ein solcher Rundfunk bezahlt werden? Für die Finanzierung möchte ich mich nicht auf Wirtschaftsinteressen (Werbung) oder Politikerinteressen (Steuerfinanzierung) verlassen. Die Finanzierung muss unbedingt unabhängig sein. Das heißt, es ist unheimlich wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger den Rundfunk gemeinsam finanzieren. Dies gewährleistet öffentliche Kontrolle, Information und auch Unterhaltung. Deswegen ist das geltende System aus meiner Sicht gut und richtig.

Auf juristische Art und Weise wurde Ihre Frage zuletzt am 18. März 2016 vom Bundesverwaltungsgericht beantwortet. Es erklärt, warum der Rundfunkbeitrag in seiner derzeitigen Form gesetzmäßig ist:

• „Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht umfasst auch die Regelungsbefugnis für den Rundfunkbeitrag. Die Kompetenzregelungen der Finanzverfassung des Grundgesetzes sind nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe handelt. Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können. Das Beitragsaufkommen wird nicht in die Haushalte der Länder eingestellt, um die vom Haushaltsgesetzgeber bestimmten Gemeinlasten zu finanzieren. Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dient es der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Demzufolge legt der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag fest, dass Überschüsse vom Finanzbedarf für die folgende zweijährige Beitragsperiode abgezogen werden.

• Für diese Art der nichtsteuerlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht die verfassungsrechtlich notwendige besondere Rechtfertigung. Dies folgt zum einen daraus, dass der Rundfunkbeitrag den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit abgilt.

• Die Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung ist geeignet, diesen Vorteil zu erfassen. Die Annahme, dass Rundfunkprogramme typischerweise in Wohnungen empfangen werden, hält sich innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, weil nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamts weit über 90 % der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten ausgestattet sind. Auch mussten die Landesgesetzgeber nicht an der geräteabhängigen Rundfunkgebühr festhalten, weil deren Vereinbarkeit mit dem Verfassungsgebot der Abgabengerechtigkeit zumindest zweifelhaft war. Insbesondere die Verbreitung multifunktionaler Empfangsgeräte führte dazu, dass das gebührenpflichtige Bereithalten eines Empfangsgeräts gegen den Willen der Besitzer nicht mehr festgestellt werden konnte.

• Zum anderen stellt die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe nach der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Finanzierung dar. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die Rundfunkanstalten dadurch in die Lage versetzt werden, den klassischen, der Vielfaltsicherung verpflichteten Rundfunkauftrag unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung zu erfüllen, ohne in eine mit der Rundfunkfreiheit unvereinbare, weil die Vielfalt gefährdende Abhängigkeit von Werbeeinnahmen oder staatlichen Zuschüssen zu geraten.“

Mit freundlichen Grüßen

Josip Juratovic

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