Frage an Josef Rief von Holger W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Rief,
ich hatte letztes Jahr bereits mit Ihrem Mitarbeiter wegen der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken gesprochen.Mich würde interessieren, mit welchen Standpunkten Sie sich während des von Frau Dr. Merkel verkündeten Moratoriums einbringen möchten.
Mit herzlichen Grüßen,
Holger Witzenleiter
Sehr geehrter Herr Witzenleiter,
vielen Dank für Ihre Frage!
Der Unfall in Fukushima hat gezeigt, dass das Risiko der Kerntechnologie neu bewertet werden muss. Niemand hatte zuvor gedacht, dass in einem Industrieland zeitgleich drei Ereignisse, wie ein Erdbeben der Stärke 9, eine 24m hohe Tsunamiwelle und ein wochenlanger Stromausfall eintreten und zu einer solchen Havarie führen können, deren Folgen noch nicht abzusehen sind.
Obwohl die Reaktorsicherheitskommission uns noch einmal den höchstmöglichen Sicherheitsstandard für unsere Kernkraftwerke bestätigt hat, sind doch gewisse Risiken zum Beispiel der Absturz eines Airbus A380 auf einen Meiler oder ein schwerer Terroranschlag nicht mit hundertprozentiger Sicherheit auszuschließen.
Ziel der Bundesregierung und aller 16 Ministerpräsidenten ist es nun, bis 2022 aus der Kernenergie auszusteigen. Der Weg, den die Bundesregierung im Jahr 2010 mit ihrem Energiekonzept hin zu einem Zeitalter der Erneuerbaren Energien eingeläutet hat, muss nun noch schneller beschritten werden. Die Zeit, in der wir Kernenergie als Brücke verwenden, soll so kurz wie möglich gehalten werden. Wir werden bis spätestens Ende 2022 schrittweise und vollständig auf die Stromerzeugung in deutschen Kernkraftwerken verzichten. Von den bisher abgeschalteten Kraftwerken soll eines bis 2013 als Reserve für die beiden kommenden Winter bereitgehalten werden. Den Anteil Erneuerbarer Energien werden wir zügig weiterentwickeln. Besonderes Potenzial liegt hier bei der Windenergie, die den kosteneffizienten Umstieg ermöglichen kann. Hierfür wird der nötige Netzausbau vorangetrieben, um Windstrom aus dem Norden zu den Großverbrauchern hier im Süden zu bringen. Zusätzlich fließen hohe Investitionen in vernünftige Speichertechnologien, damit Wind- und Sonnenenergie langfristig, auch wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, genutzt werden können. Die bereits im Bau befindlichen Gas- und Kohlekraftwerke müssen schneller bereit stehen. Zukünftig werden 10 Gigawatt gesicherter Kraftwerksleistung dazugebaut werden müssen, was zehn Prozent des derzeitigen Strombedarfs entspricht. Neben weiterer möglichst verträglicher Förderung von Photovoltaik, Biogas, Kraftwärmekopplung und neuer Technologien liegt ein hohes Potenzial bei der Energieeffizienz. Die vom Bund künftig bereitgestellten 1,5 Milliarden Euro jährlich für die Gebäudesanierung bedeuten das Zweieinhalbfache der bisherigen Förderung. Die Entscheidung für diesen Weg in die Zukunft ist ein sehr mutiger Schritt. Wenn wir Erfolg haben, und davon bin ich überzeugt, ergeben sich viele Chancen für zukünftige Generationen als weltweiter Vorreiter bei Erneuerbaren Energien.
Sie fragen nach meinem persönlichen Beitrag: Ich habe mich intensiv an den Beratungen zum neuen Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG), das die Förderung von Solar-, Wind- und Bioenergie regelt, beteiligt. So habe ich mich z.B. für die stärkere Förderung von hofnahen kleineren Biogasanlagen (75kW), die Verhinderung der s.g. Vermaisung der Landschaft und des Gülletourismus stark gemacht. Auch in den Ausschussberatungen zum Energiekonzept der Bundesregierung werde ich die Argumente aus Sicht unserer ländlichen Region, die aber viele Industriebetriebe vorweisen kann, mit einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Rief, MdB