Frage an Josef Neumann von Peter B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Ich kann diese Diätenerhöhung zur Alterssicherung nicht nachvollziehen. Es hat doch ein Leben, Einkommen mit Altersicherung, vor der Wahl in den Landtag gegeben. Daher ist eine Verbaläusserung mit dem Tenor "Ein scheidendes Mitglied des Landtages im Alter von über 50 Jahren hat einen schweren Stand bei der weitervermittlung auf dem Arbeitmarkt", überhaupt nicht nachvollziehen! Meiner Meinung nach, ist die Endscheidung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages, ein Schlag ins Gesicht aller Arbeitnehmer. Und vor dem Hintergrund der "Rentnenverminderung" der letzten Jahre, also der Nullrunden, die alle Rentner hinnehmen mußten, auch die zukünftigen, ist diese Endscheidung eine schlichte Unverschändheit. Genau wie die "Rente mit 67". Ich arbeite als Schlosser im Stahlbau. Ich bin 51 Jahre alt, ob ich diesen Beruf bis zu meinem 67. Lebensjahr ausüben kann ist mehr als Fraglich. Vielleicht ist diese 67er-Regelung ja auch nur ein Rentenspamodel. Ebenfalls darf man bei der Betrachtung der Rentenehrlichkeit nicht die Menschen vergessen die Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut haben. Damit meine ich die sogenannten "Trümmerfrauen" denen wir alle unseren Wohlstand zu verdanken haben. Und wie wurde der Einatz dieser Menschen bei der Berechnung der Altesbezüge gewürdigt? Wir müssen alle unseren Hut vor diesen Menschen ziehen und uns schämen!
Zu guter letzt frage ich Sie, was sagen sie den Jungen Menschen die heute in einer Vollerwerbstätigkeit stehen, von diesen Einkünften ihre Familien nicht vernünftig Kleiden, Ernähren und Unterbringen können? Wenn sie diese Leute nach der zu erwartenden Rente fragen, werden sie als Antwort hören das sie überhaupt nicht wissen, ob sie noch mit einer wie auch immer zu beziffernden Rente, zu rechnen haben. Und diesem Hintergrund erhöhen Sie mal eben Ihre Bezüge um 500€. Ich denke, das Ihnen schon klar ist, das dieses Geld von den Wählern verdient werden muss die Sie ins Amt gewählt haben! Ich erwarte Ihrer Antwort mit Spannung.
Peter Bartsch
Sehr geehrter Herr Bartsch,
vielen Dank für Ihre Mail! Sie wenden sich darin gegen die Änderung des Abgeordnetengesetzes.
Ich kann verstehen, dass solche Entscheidungen des Parlaments, die es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur für sich selbst treffen kann, einem besonderen öffentlichen Erklärungsbedarf unterliegen. Dem möchte ich gerne nachkommen:
Unbestritten – auch in der Presse und vom Bund der Steuerzahler NRW – ist, dass Nordrhein-Westfalen das modernste und transparenteste Abgeordnetenrecht in Deutschland hat. Die Diätenreform, die am 17. März 2005 einstimmig verabschiedet wurde, hat die verschiedenen Bestandteile der früheren Abgeordnetenbezüge in einer einzigen steuerpflichtigen Leistung zusammengefasst. Es gibt – anders als in vielen Ländern und im Bund – keine steuerfreien Pauschalen. Die Abgeordneten bestreiten ihre Aufwendungen, wie z.B. für das Wahlkreisbüro, aus ihren Bezügen, kommen für ihr Arbeitsmaterial auf und versteuern ihr Einkommen nach den geltenden Steuersätzen und Richtlinien wie jeder andere, der einer freiberuflichen Tätigkeit nachgeht. Die Grundlage für diese Diätenreform erarbeitete eine dafür eingerichtete Diätenkommission.
Im Ergebnis gibt es seitdem eine größere Transparenz der Abgeordnetenbezüge, eine Gleichstellung mit allen Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern und die Sicherstellung einer dem Amt angemessenen Bezahlung.
Ein Kernelement der Diätenreform war der Wegfall der staatlichen Altersversorgung. Sie wurde ersetzt durch eine aus eigenen Beiträgen finanzierte Altersversorgung. Wie bei der Bemessung der Abgeordnetenbezüge ist bei der Altersvorsorge darauf zu achten, dass Abgeordnete angemessene Leistungen erhalten. Dies ist nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern entspricht auch dem Bild, das die Verfassungsväter und –mütter von den freien, gleichen und vor allem unabhängigen Abgeordneten hatten. Dieses findet auch seinen Ausdruck im gleichen Erwerb von Versorgungsansprüchen während der Mandatstätigkeit, unabhängig von der sonstigen Berufsbiographie.
Die Diätenreform hat die Abgeordneten aus der damals sehr hohen staatlichen Versorgung in ein eigenständiges Versorgungswerk überführt.
Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion gibt es zur Konstruktion des Versorgungswerks, das 2005 mit der Diätenreform beschlossen und aufgebaut worden ist, keine ernsthafte Alternative. Eine Rückkehr zur alten staatlichen Versorgung der Landtagsabgeordneten lehnen wir als nicht generationengerecht ab. Nach intensiver Beratung in der Fraktion und mit Fachleuten geht die SPD-Fraktion davon aus, dass die verschiedentlich geäußerten Bedenken gegenüber der Substanz des Versorgungswerkes nicht stichhaltig sind.
Aus diesem Grund tritt die SPD-Fraktion dafür ein, die Entwicklungsperspektiven von Versorgungswerken im Vergleich zu privaten Rentenversicherungen und Lebensversicherungen durch eine unabhängige Kommission transparent diskutieren und konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Abgeordnetenversorgung prüfen zu lassen. Zu den Themen soll des Weiteren die Frage der zukünftigen Darstellung der Angemessenheit der Abgeordnetenversorgung im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gehören. Der konkrete Auftrag der Kommission soll im Einvernehmen mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen formuliert werden.
Die in der Anhörung vorgeschlagene verpflichtende Einbeziehung aller Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Ungleichbehandlung der Abgeordneten stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine Individualisierung der Entscheidung über die Altersvorsorge eines/einer Landtagsabgeordneten lehnen wir ebenso ab. Der Solidargedanke muss auch bei der Altersversorgung für Abgeordnete gelten.
Bleibt die Frage, ob die derzeitige Abgeordnetenversorgung angemessen ist. Hierzu hat es in der Anhörung unterschiedliche Meinungen gegeben. Einige Experten halten die dauerhafte Sicherung des 2005 gefundenen Versorgungsniveaus für angemessen, andere dagegen nicht. Zur Erinnerung: Mit der Diätenreform 2005 wurde das Versorgungsniveau gegenüber der bis dahin geltenden Regelung um rund 40 Prozent gesenkt.
Nach der jetzt geplanten Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk hat ein Abgeordneter nach zehnjähriger Zugehörigkeit zum Landtag einen Versorgunganspruch in Höhe von 1573 Euro, nach altem Recht gibt es für die gleiche Zeit einen Anspruch in Höhe von 2588 Euro. Die Anhörung hat auch deutlich gemacht: die Angemessenheit muss letztlich politisch bewertet und entschieden werden.
In Abwägung aller bisher bekannten Argumente sowie der Versorgungsansprüche vergleichbarer Funktionen und der Sonderstellung eines auf Zeit ausgeübten Mandats, halten die Mitglieder der SPD-Fraktion eine Altersversorgung von 1573 Euro nach zehnjähriger Zugehörigkeit für angemessen. Um dieses Niveau langfristig zu sichern, ist die jetzt vorgesehene Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk um 500 Euro notwendig. Die entsprechende Erhöhung der Abgeordnetenbezüge muss komplett versteuert werden. Gleichzeitig fließen aber 500 Euro direkt dem Versorgungswerk zu. Kurzum:
Alle Abgeordnete verfügen künftig über ein geringeres (Netto-) Einkommen.
Für weitergehende Informationen stehe ich Ihnen oder mein Büro gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Neumann