Frage an Josef Göppel von Andreas R. bezüglich Recht
Hallo Hr. Göppel.
Ich habe mir das Abstimmungsverhalten zu der Abstimmung "Verlängerung von AKW-Laufzeiten" angesehen.
Gerade die CDU mit CSU und FDP haben fast geschlossen für die Laufzeitverlängerung gestimmt.
Total überrascht war ich von den 4 CDU, 3 FDP Mitgliedern und dann 1 CSU Mitglied, dass die sich nicht nur enthalten, sondern sogar dagegen gestimmt haben!
So möchte ich Sie freundlich fragen, wie kam es zu der Ablehnung dieses Gesetzentwurfs, was waren die Beweggründe.
Weiterhin würde mich interessieren, wie Ihre Kollegen/innen der CDU/CSU auf Ihren Widerspruch reagiert haben. Dies interessiert mich aus dem Grund, da gerade die CDU/CSU sehr emotional angegriffen in dieser Frage reagiert und scheinbar offensichtliche Tatsachen ausblendet (siehe z.B. die letzte Quarks + Co Sendung mit einer sehr guten und verständlichen Übersicht zur atomaren Frage).
Vielen Dank für Ihre Zeit für die Beantwortung meiner Frage!
Ihr Andreas Rohrmann
Sehr geehrter Herr Rohrmann,
vielen Dank für Ihre Frage. Meine Ablehnung habe ich in einer Erklärung zur Abstimmung folgendermaßen begründet:
"Die Ablösung endlicher Energiequellen durch erneuerbare Energien ist eine entscheidende Frage für die menschliche Zivilisation. Längere Laufzeiten von Kernkraftwerken stützen den notwendigen technologischen Wandel nicht, sondern sie bremsen ihn. Noch in diesem Jahrzehnt wird der Systemkonflikt zwischen dezentralen Energien und zentralen Großkraftwerken offen ausbrechen. Mit der 11. Änderung des Atomgesetzes werden den Kernkraftwerken feste Liefermengen zugesagt; Zwischenbilanzen zum Abgleich mit der Entwicklung erneuerbarer Stromquellen sind nicht vorgesehen. Nur so bekäme aber der Begriff Brückentechnologie seinen echten Sinn.Die Laufzeitverlängerung von durchschnittlich 12 Jahren ist überdies nicht technisch, sondern juristisch durch die Beteiligungsschwelle des Bundesrats begründet. Wirtschaftlich führt die Laufzeitverlängerung zur Festigung des Oligopols der vier größten Stromerzeuger. Erneuerbare Energien eröffnen demgegenüber erstmals eine breite Eigentumsstreuung und Wertschöpfung im Energiesektor. Handwerker, Kommunen, Hausbesitzer, Mieter, Landwirte und Waldeigentümer profitieren von diesem Wandel. Das wird durch die Laufzeitverlängerung gefährdet. Bereits die Ankündigung der Laufzeitverlängerung führte dazu, dass im ganzen Land Gemeinden ihre Ausbaupläne für erneuerbare Energien zurück stellen.
Schließlich bedeuten zwölf Jahre mehr Laufzeit auch zwölf mal 500 Tonnen mehr hochradioaktiven Abfall.Ich halte die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken um durchschnittlich zwölf Jahre in der Gesamtabwägung nicht für verantwortbar und stimme deshalb dagegen. "
Es ist wichtig, eine klare Linie zu vertreten und abweichende Entscheidungen gut zu begründen. Dann ist eine Partei durchaus bereit, abweichende Positionen zu tolerieren. Insbesondere an der Parteibasis erfahre ich für meine Positionen Unterstützung. Oft beginnt damit ein Prozess des Umdenkens. Wie in einem Vogelschwarm, gibt es die Bereitschaft für eine Richtungsänderung, wenn eine kritische Masse umsteuert. Diesen Eindruck hatte ich zum Beispiel nach meiner Ablehnung des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen im Freiland und der Ablehnung der Mehrwertsteuersenkung für Hotels. Ich bin sicher, dass dies auch bei der Laufzeitverlängerung der Fall sein wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Josef Göppel