Frage an Josef Göppel von R. F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Göppel,
angesichts der Probleme die durch unser Geldsystem verursacht, versuche ich zu Verstehen wo die Ursachen und wie die alternative einer nachhaltigen Wachstumspolitik aussehen kann.
1.Warum leihen Regierungen das Geld von Privaten Banken gegen Zinsen,wenn sie das Geld, das sie benötigen,genauso-gut selbst-und Zinsfrei-erstellen Könnten?
2.Wieso überhaupt Geld als Schuld generieren wieso nicht Geld Schaffen, das ständig umläuft und nicht fortwährend gegen Zinsen erneut geliehen werden muss um überhaupt zu Existieren?
3.Wie kann ein Geldsystem, das nur unter andauernd beschleunigtem Wachstum Funktioniert, genutzt werden, um eine Nachhaltige Wirtschaft zu schaffen?
Ist es denn nicht einleuchtend das andauernd beschleunigtes Wachstum und Nachhaltigkeit inkompatibel sind ?
4.Warum ist unser Jetziges System vollständig abhängig von andauernden Wachstum? Was muss geändert werden, um die Entstehung einer Nachhaltigen Wirtschaft zu ermöglichen?
Mit freundlichen Grüßen
Roland Frühwirth
Sehr geehrter Herr F.,
Meine Antworten auf Ihre Fragen:
1. Stabiles Geld hängt davon ab, dass reale Güter und Dienstleistungen der umlaufenden Geldmenge gegenüber stehen. Die Erfahrungen von Jahrhunderten haben gezeigt, dass "Geld-Drucken" zur Finanzierung von Staatsausgaben geradewegs in die Inflation führt. Die daraus folgende Geldentwertung wirkt letztlich wie eine Besteuerung. Unabhängige Notenbanken haben sich als die zuverlässigsten Hüter der Geldwertstabilität erwiesen. Die Staatsausgaben werden besser durch Steuern gedeckt.
2. Das meiste Geld wird nicht durch Notenbanken, sondern durch die Kreditvergabe der privaten Banken geschaffen. Der Zins hat als "Preis des Geldes" auch die Funktion das Geld in die aus Sicht der Marktteilnehmer sinnvollsten Projekte zu lenken. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Märkte teilweise versagt haben, wie zum Beispiel die Immobilienblasen in einigen Staaten gezeigt haben. Ein Teil der Finanzmärkte ist zu einem reinen Casino verkommen. Hier muss der Staat durch strenge Regeln eingreifen. Banken müssen sich auf ihre eigentliche Funktion, die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten konzentrieren und regionale Geldkreisläufe gezielt gestärkt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Genossenschaftsbanken mit ihrem regionalen Geschäftsmodell ohne Staatshilfe durch die Krise kamen.
Regionalwährungen werden häufig als Vorbild für zinsfreies Geld genannt. Ich finde diese Beispiel auch sehr positiv, da mit ihnen ein neues Bewusstsein für regionale Produkte und Dienstleistungen entsteht. Leider glaube ich nicht, dass diese Beispiele sich auf die gesamte deutsche Wirtschaft übertragen lassen. Ein Teil der Erfolgs von Regionalwährungen hängt auch damit zusammen, dass sie Graubereiche in der Steuer- und Abgabengesetzgebung nutzen und Dienstleistungen steuerfrei tauschen. Für mich sind Regionalwährungen also eher der Beweis, dass wir die Steuer- und Abgabenlast auf Arbeit senken und stattdessen den Ressourcenverbrauch stärker belasten müssen. Damit würden insbesondere im Dienstleistungsbereich viele neue Arbeitsplätze entstehen.
3 und 4. Wohlstand ist viel mehr als ein Anhäufen von materiellen Gütern. Ich setze mich für ein gesellschaftliches Umdenken für eine nachhaltige Entwicklung ein. Der Staat muss auf dem Weg zu einer Sozialen und Ökologischen Marktwirtschaft die Spielregeln neu definieren. Das ist aber auch mehr als eine Erweiterung der Messung von Wachstum als Bruttoinlandsprodukt. Auch nach dem bestehenden Maßstab würde ein beherztes Umsteuern hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft mit stärkeren regionalen Kreisläufen, mehr Dienstleistungen und einem viel geringeren Rohstoff- und Energieverbrauch als "Wachstum" gemessen. Denn letztlich bestimmen alle Verbraucher mit ihren Kaufentscheidungen, was wir als Wachstum messen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Josef Göppel