Frage an Jörn Lentes von Alexandra M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte,
Die Bundeswehr versucht zunehmend größeren Einfluss auf das Bildungswesen zu nehmen, um die Sicherheits- (Kriegs-)politik der Bundesrepublik Deutschland darzulegen. Mittlerweile haben acht Bundesländer Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr unterzeichnet, die der Bundeswehr bzw. den Jugendoffizieren Vorrang in den Bildungseinrichtungen einräumen. In Baden-Württemberg wurde diese Vereinbarung am 4.Dezember 2009 mit dem Kultusministerium getroffen.
Sie treten am 27. März zur Landtagswahl an. Aus diesem Grund würde ich gerne von Ihnen wissen:
Stimmen Sie zu, dass es zum Kern des Bildungsauftrags des Landes Baden-Württemberg gehört, dass die Schülerinnen und Schüler in einer solch existentiellen Frage wie der nach Krieg und Frieden nicht einseitig informiert werden sondern auch die von den Friedensorganisationen vertretenen Konzepte der zivilen, nicht-militärischen Konfliktbearbeitung und Friedenssicherung kennenlernen?
Stimmen Sie ebenso zu, dass die institutionalisierte Bevorzugung militärischer Sichtweisen gegen das Verfassungsgebot, die Jugend „zur Friedensliebe.... und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen“ verstößt?
Treten Sie dafür ein, dass die Kooperationsvereinbarung nach der Landtagswahl am 27. März zurückgenommen wird?
Stimmen Sie mit mir überein, dass die Friedenserziehung gestärkt werden muss?
Ihre Antwort erwartet
Alexandra Müller
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Müller,
ich bin der Meinung, dass dem Staat gerade in seinen Bildungseinrichtungen eine Neutralitätspflicht obliegt. Diese wird, von der von Ihnen genannten Kooperationsvereinbarung, verletzt. Allerdings sehe ich auch die Probleme der Bundeswehr bei der Rekrutierung von Nachwuchs. Aus meiner Sicht werden durch die Kooperationsvereinbarung aber nicht die eigentlichen Ursachen dieser Probleme angegangen, sondern nur versucht die Symtome zu kurrieren.
Wir, unsere Gesellschaft, müssen uns darüber klar werden, ob wir eine Bundeswehr haben wollen und welche Aufgaben sie wahrnehmen soll. Wenn wir dies für notwendig erachten, müssen wir aber auch bereit sein, unseren Mitbürgern, die diese Aufgabe übernehmen, eine Entlohnung anzubieten, die den Qualifikationen und Gefahren entspricht.
Wird diese Diskussion offen und mit einer breiten Beteiligung in der Gesellschaft geführt, wird diese Kooperationsvereinbarung überflüssig; unabhängig davon, ob die Gesellschaft sich für oder gegen die Bundeswehr entscheidet. Aber an diese Entscheidung müssen alle Bürger beteiligt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Jörn Lentes