Johannes Schmidt
WASG
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Johannes Schmidt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von I. S. •

Frage an Johannes Schmidt von I. S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Schmidt,

einige kurze Fragen mit Bitte um aussagekräftige Antworten.

1. Welche positiven Ergebnisse brachte die laufende Regierung?

2. Welche negativen Ergebnisse brachte die laufende Regierung?

3. Was/ wie würden Sie revidieren?

4. Was würden Sie neues bewirken?

5. Welche Koalitionen würden Sie nicht/ eingehen? weshalb?

Antwort von
WASG

Sehr geehrte Frau Schmidt,
lassen Sie mich vorab folgende Bemerkung machen. Die letzte Regierung startete mit Herrn Gregor Gisy (PDS) als Wirtschaftssenator, Herrn Sarrazin (SPD) als Finanzsenator, Herrn Flierl (PDS) als Wissenschaftssenator. Recht bald schmiss Herr Gisy das Handtuch. Ihm folgte Herr Harald Wolf (PDS) unser derzeitiger Wirtschaftssenator.
Den Senatoren steht der Regierender Bürgermeister Herr Wowereit (SPD) vor. Diese Herren sind verantwortlich für den Bereich Arbeit, auf den sich ihre Fragen beziehen.
Für mich ist es schwierig Ihre ersten Frage zu beantworten, da ich keinerlei positive Ergebnisse sehe. In den letzten Jahren sind über 100.000. Industriearbeitsplätze in Berlin abgebaut worden. Weder im öffentlichen Dienst, noch in der freien Wirtschaft gibt es in Berlin mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze als vor dem Jahre 2001. Dies ist wichtig zu wissen und sollten auch sie beachten.
Betrachtet man nur die letzte Zeit, so stellen sich als herausragende negative Beispiele die Firmen Samsung, Bosch und CNK dar, an denen die Politik gescheitert ist, bzw. an denen sie wie ein Tanzbär mit Nasenring vorgeführt wird.
Aber es kommt noch schlimmer nach den Wahlen.
Der rot rote Senat wird den Etat der Charité um 96 Millionen € herabsetzen. Arbeitsstellen, die nicht dem medizinischen bzw. dem pflegerischen Bereich zugeordnet sind, werden ausgegliedert. Die Firma Dussmann wird als Generalunternehmer alle Bereiche - angefangen vom Cateringservice, über Haustechnik und Hausmeister bis zur Wäscherei - übernehmen. Sie wissen selber, dass diese Firma weitaus geringere Löhne zahlt als die Charité. Das bedeutet aber auch, dass die Leute weniger Geld in der Tasche haben. So wird die Binnennachfrage in Berlin geschwächt.
Weiterhin versucht der rot-rote Senat, das Klinikum Steglitz aus dem Universitätsverbund zu lösen und als regionales Krankenhaus zu privatisieren. Im Jahre 2002 ist dieser Versuch schon einmal gescheitert. Hat er diesmal Erfolg, hat der Bezirke Steglitz-Zehlendorf kein einziges landeseigenes Krankenhaus mehr. Was das bedeutet für einen Bezirk mit ca. 300.000 Einwohnern können Sie sich selber ausmalen.
Abgesehen davon, dass in diesen Bezirk dann massiv gut bezahlte Arbeitsplätze im wissenschaftlichen Bereich verloren gehen (siehe BioCampus Dahlem), beabsichtigt der Senat auf dem Gelände des ehemaligen Wilhelm-Griesinger-Krankenhauses eine private medizinische Hochschule anzusiedeln. Selbstverständlich werden auch hier Fördergelder bereitgestellt. Es war mir bisher nicht möglich zu erfahren, in welcher Größenordnung diese Fördergelder liegen. Der Wirtschaftssenator hüllt sich in Schweigen. Gehen Sie bitte, von einem hohen zweistelligen Millionen Betrag aus, den der Wissenschaftssenator Fliel aus den Kürzungen bei der Charité bereitstellen kann. „Nachtijall ick hör die trapsen“
Aber auch auf bezirklicher Ebene entstehen Situationen, bei denen man nur den Kopf schütteln kann.
So hat der Bezirk Steglitz-Zehlendorf eine Reihe Facharbeiter entlassen, auch in dem Bereich Grünflächenamt. Diese Facharbeiter wurden durch MAE-Kräfte ersetzt. Diese 1€ Jobber können selbstverständlich nicht das leisten, was gelernte Gärtner leisten können. Folge: Die Grünflächen können nicht mehr adäquat gepflegt und erhalten werden. Nun kommt das Bezirksamt auf die „glorreiche“ Idee – sie haben es möglicherweise auch aus der Presse erfahren – die Bürger um Patenschaften für Grünflächen zu bitten.
Ein weiterer Kommentar erübrigt sich an dieser Stelle. Nachtrag: Diesmal liegt die Federführung beim CDU geführten Bezirk.
Im folgenden möchte ich Ihre Fragen drei und vier gemeinsam beantworten. Wir von der WASG sind für die derzeitigen im Parlament vertretenen Parteien, insbesondere für die L.PDS, sogenannte Parias. Wir werden, sofern wir in die Bezirksparlamente und im Abgeordnetenhaus in Fraktionsstärke einziehen, als Oppositionspartei in erster Linie im Bereich Arbeit und Soziales die Finger in die Wunde legen müssen. Dieser Bereich bedrückt die Menschen am meisten.
Wir werden, wenn wir in Fraktionsstärke – dies gilt insbesondere bei den Bezirksparlamenten - einziehen, vorab informiert werden müssen über anstehende Vorhaben und Entscheidungen. Diese werden wir, sofern wir dazu berechtigt sind ( es gibt einige sensible Bereiche, wo es nicht möglich ist), öffentlich machen, damit Sie frühzeitig informiert werden über eventuellen Unsinn, der in den Senatskanzleien und in den Bezirksämtern verzapft wird.

Das heißt aber gleichzeitig:
Auch Sie bitten wir, sofern Sie uns wählen, sich nicht nach den Wahlen zurückzulehnen und sich mit dem Ergebnis zufrieden zu geben. Wir werden Sie bitten, mit uns auf die entsprechenden Ämter und Senatoren Druck auszuüben, damit in bezug auf das Thema Arbeit ein Umdenken entsteht.

Es geht nicht an, dass der Staat sich aus diesem Bereich zurückzieht und nicht einmal Kontrollfunktionen mehr ausüben kann (s. Jobcenter). Die Privatwirtschaft geht nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben vor. Der Eigentümer sagt sich: „Was bleibt mir übrig? Wo kann ich mein Geld am günstigsten ´parken´ oder anlegen"? Ihn interessiert nicht ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin mit ihrem Lohn überhaupt auskommt.
Bestimmte Bereiche muss man volkswirtschaftlich betrachten, um ein Gemeinwesen lebensfähig zu erhalten. Kernbereich sind: Arbeit, Soziales, Gesundheit, Bildung, Sicherheit.
Welche Standards in bezug auf Arbeit wollen wir uns leisten? Hier ist insbesondere die Verantwortung des Staates gefragt. Und genau das wollen wir von der WASG wieder in den Vordergrund rücken.

Die Verantwortung des Staates gegenüber allen seinen Bürgern!

Ein weiteres Beispiel in bezug auf Verantwortung hat auch kürzlich das Bundesverwaltungsgericht gegeben. Wie Sie sicherlich wissen, sind vor zwei Jahren zwei Flugzeuge in der Nähe des Bodensees abgestürzt. Jetzt wurde die Bundesrepublik verurteilt, den Angehörigen der Opfer Schadenersatz zu leisten. Warum muss sie es tun?
Sie hätte nie die Verantwortung für die Sicherheit im Luftverkehr über ihrem Territorium einer privaten Firma, in diesem Falle war es die Schweizer Firma Skygate, übertragen dürfen. Denn sie ist allen Menschen, die hier wohnen, bzw. den Luftraum benutzen, verpflichtet, sie zu schützen. Sie darf nicht alles auf Teufel komm raus privatisieren.
Und genauso sehen wir es in bezug auf die Arbeitsplätze und das soziale Netz, dass unsere Väter und Mütter für sich und uns bisher aufgebaut haben, und das jetzt von einigen wenigen Leuten, die die Privatwirtschaft kontrollieren, zerrissen werden soll.
Zu ihrer letzten Frage:
Es wird uns nicht möglich sein mit anderen Parteien eine Koalition einzugehen, da von diesen Parteien zur Zeit niemand mit uns eine Koalition eingehen möchte.
Wir werden die soziale Opposition im Parlament sein, die für Transparenz sorgen wird. Auch hier können wir mitgestalten. Hier binden wir die Öffentlichkeit ein.
Eine Koalition – d. h. Regierungsverantwortung – werden wir nur eingehen, wenn wir Partner finden, die mit uns gegen weiteren Sozialabbau und Lohndumping eine Mehrheit im Parlament bilden.
Ich hoffe, ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, und wünsche mir, dass Sie und alle ihre Bekannten tatsächlich zur Wahl gehen. Denn mir schwant, die großen Parteien sind möglicherweise gar nicht daran interessiert, dass die Wahlbeteiligung hoch ist, damit sie weitermachen können wie bisher.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Schmidt