Frage an Johannes Lichdi von Anke G. bezüglich Familie
Sehr geehrter Hr. Lichdi,
als Leiterin einer Kindertagesstätte interessiert mich natürlich Ihr Standpunkt zur Debatte "Fachkräfteschlüssel in Kindertagesstätten und Kindertagespflege". Ich gehe davon aus, dass Ihnen das Missverhältnis der Erzieher-Kind-Relation von Deutschland im EU-Vergeich und Sachsen im Ländervergleich bekannt ist. Kennen Sie den Bildungsplan mit seinen Anforderungen? Was gedenken Sie bei der Haushaltsplanung für die Verbesserung des Fachkräfteschlüssels zu tun? Was kann ich meinem Team dazu sagen?
Mit freundlichen Grüßen
A. Gießler-Lachmann
Sehr geehrte Frau Gießler-Lachmann,
ich kenne den Bildungsplan und seine Anforderungen. Wir GRÜNE finden den Sächsischen Bildungsplan einen guten Ansatzpunkt um frühkindliche Bildung in der Kita Wirklichkeit werden zu lassen. Dass das mit dem derzeitigen Fachkräfteschlüssel nicht funktioniert, ist uns mehr als bewusst. Die Erzieherinnen brauchen viel mehr Zeit für das einzelne Kind, für Teambesprechungen, für Elternarbeit. Dazu braucht es aber mehr Erzieherinnen und Erzierher. Daher fordern wir seit Jahren eine Absenkung des Betreuungsschlüssels auf 1:4 in der Krippe und 1:10 im Kindergarten. Dazu braucht es natürlich Geld und auch tatsächlich verfügbare Erzieherinnen und Erzieher. Jährlich bilden die sächsischen Fachschulen ca. 600 ErzieherInnen aus. Das heißt, der Betreuungsschlüssel lässt sich nur schrittweise verändern, aber das ist für uns der Anfang. In den vergangenen Haushaltsverhandlungen haben wir 50 Mio € für den Doppelhaushalt 2009 / 10 mehr für sächsische Kitas gefordert, um den ersten Schritt beim Personalschlüssel zu gehen. Leider gab es dafür keine Mehrheit im Parlament. Die CDU, die kurz vorher noch eine Senkung des Personalschlüssels im Kindergarten versprochen hatte, machte einen Rückzieher und schwenkte zum kostenlosen Vorschuljahr um. Auch wir halten langfristig am Ziel einer kostenfreien Kita fest, aber erst, wenn der Personalschlüssel gesenkt ist, denn 1/3 aller Eltern in Sachsen zahlen keine Kita-Gebühren oder nur teilweise. Sie und ihre Kinder profitieren nicht vom kostenlosen Vorschuljahr, diesen Kindern würde aber ein besserer Betreuungsschlüssel sehr wohl zu Gute kommen. Kultusminister Wöller musste auch zugeben, dass das kostenlose Vorschuljahr keine Qualitätsverbesserungen mit sich bringt. Wir sagen: Qualität vor Kostenfreiheit. Für die Kinder, aber auch für die Erzieherinnen und Erzieher. Dafür werden wir uns auch in Zukunft weiter einsetzen genauso wie für eine bessere Bezahlung des Berufs, denn es kann nicht sein, dass eine so wichtige gesellschaftliche Aufgabe – die frühe Bildung und Erziehung unserer Kinder – so schlecht honoriert wird.
Mit freundlichen Grüssen
Johannes Lichdi