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Frage von Ullrich M. •

Frage an Johannes Jung von Ullrich M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Grüss Gott Herr Abgeordneter,

verwundert musste ich am 26.01.09 in "Report München" erfahren, dass Löhne und Gehälter zur Insolvenzmasse gehören, wenn der Arbeitgeber vor der Insolvenz nur unregelmässig seinen Lohnzahlungsverpflichtungen nachgekommen ist. Das hat der Sendung zufolge 1999 rot- grün so beschlossen.

- für was ist diese undurchsichtige Regelung überhaupt gut ?

- hat bis jetzt noch niemand von der SPD gemerkt, dass mit diesem Insolvenzrecht Arbeitnehmerinteressen auf Lohnzahlung erheblich eingeschränkt worden sind ?

- oder wollte die SPD mal bischen die Arbeitgeber unterstützen?

Mit freundlichen Grüssen
Ullrich Müller, Karlsruhe

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

besten Dank für Ihre e-Mail in Sachen Arbeitsentgelt in der Insolvenz.

Die Diskussion über dieses Thema wurde ausgelöst durch ein Urteil des Amtsgerichts Gera (4 C 654/07) vom 9. Juli 2007, das eine Anfechtung von Arbeitsentgelt bestätigt hat. Darüber hinaus sind allerdings bisher nur einige wenige Einzelfälle bekannt geworden, in denen Insolvenzverwalter versucht haben, Löhne im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzufordern.

Dennoch hat die SPD-Bundestagsfraktion dieses Thema im Rahmen einer fraktionsinternen Anhörung im September mit Experten aus Wissenschaft und Praxis erörtert. Die hinzugezogenen Fachleute waren übereinstimmend der Ansicht, dass der Bargeschäftscharakter von Lohn- und Gehaltszahlungen (§ 142 InsO) in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle einen ausreichenden gesetzlichen Schutz gegen die insolvenzrechtliche Anfechtung von Löhnen und Gehältern bietet.

Als Beleg mag die Tatsache dienen, dass es abgesehen vom Urteil des Amtsgerichts Gera seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung nach hiesiger Kenntnis in der Rechtsprechung keinen einzigen vergleichbaren Fall gibt.

Aufgrund der Ergebnisse unserer parlamentarischen Diskussion bin ich überzeugt, dass es sich bisher jeweils um besonders gelagerte Einzelfälle handelte, die jedoch nicht die Annahme rechtfertigen können, dass die Anfechtung von Arbeitsentgelt bereits allgemeiner Praxis entspräche. Der Fall aus Gera z.B. ist ein solcher Einzelfall, bei dem der Verwalter wegen besonderer Umstände zur Vermeidung der eigenen Haftung zur Anfechtung verpflichtet war.

Für eine Ergänzung von § 142 InsO bzw. die Einfügung einer gesetzlichen Regelung, die eine Anfechtung in solchen Fällen generell ausschließt, sehe ich daher momentan keine zwingende rechtspolitische Notwendigkeit.

Nichtsdestotrotz werden wir die Entwicklung der Insolvenzverwalterpraxis – darin sind wir uns mit der Bundesregierung einig – sehr sorgfältig beobachten müssen.

Der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bleibt unser vordringliches Anliegen. Sollte sich in der Tendenz eine Zunahme von Lohnanfechtungen zeigen, muss zweifellos über eine Korrektur der einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen nachgedacht werden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halten wir ein Eingreifen des Gesetzgebers für verfrüht.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Jung