Frage an Johannes Jung von Robert F. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Jung,
ich wende mich mit einer Frage zum Thema Elternunterhalt bei Pflegebedürftigkeit an Sie. Auf der (recht mühsamen) Suche nach konkreten, verlässlichen Informationen zu diesem Thema bin ich auf eine kritische Betrachtung des Elternunterhalts in seiner derzeitgen Form gestoßen, die sich an verschiedenen Punkten festmacht.
Neben paradoxen Verhaltensanreizen für die Unterhaltspflichtigen wie etwa der möglichen Senkung des eigenen Schonvermögens durch gesteigertes Konsumverhalten und der teilweise sehr uneinheitichen Handhabung durch einzelne Sozialämter hat mich vor allem der hohe Verwaltungsaufwand stutzig gemacht.
Unter http://forum-elternunterhalt.de/downloads/petition-anhang.pdf findet sich eine Berechnung, die zum Schluss kommt, dass das Verhältnis aus den tatsächlich eingenommenen Unterhaltszahlungen durch die Sozialträger und der dafür aufgewandten Verwaltungskosten erschreckend schlecht sei. Dies erklärt sich aus dem hohen Verwaltungsaufwand zur regelmäßigen Ermittlung, Überprüfung und Verrechnung von Vermögen, Einkommen und Ausgaben der einzelnen Unterhaltspflichtigen, auch bei denjenigen, die dann letzlich doch keinen Unterhalt bezahlen. Darüber hinaus werden viele Streitfälle über mehrere Instanzen der Familiengerichte ausgetragen - statt Altenpflegern werden dann also Sachbearbeiter und Juristen bezahlt.
Nun bin ich als Laie nicht in der Lage, jede Grundannahme der Berechnung auf ihre Plausibilität hin an der Realität zu messen. Aber wenn auch nur die grobe Größenordnung dieser Zahlen stimmt, wäre hier Handlungsbedarf im Sinne einer Entbürokratisierung vorhanden. Moderne Sozialsystem müssen einen hohen "finanziellen Wirkungsgrad" aufweisen!
Ist Ihrer Fraktion das reale Verhältnis aus Verwaltungskosten und Unterhaltseinnahmen bekannt? Wurde es jemals mit Alternativmodellen und deren Verwaltungsaufwand verglichen, etwa gestaffelten Pauschalbeträgen, die sich nur am Bruttoeinkommen orientieren?
Freundliche Grüße aus Karlsruhe,
Robert Fies
Sehr geehrter Herr Fies,
unser Sozialsystem beruht auf dem Gedanken, dass der Stärkere den Schwächeren trägt. Die Bevölkerung und ihre Kinder sollten deswegen den Generationsvertrag erhalten, und die ältere Generation unterstützen. In diesem Sinne verpflichtet §1601 BGBs Verwandte in gerader Linie zum Unterhalt gegenüber ihren bedürftig gewordenen Angehörigen.
Es existieren wichtige Begrenzungen, die dafür sorgen, dass der Elternunterhalt jedem zumutbar bleibt. Diese Grenzen hängen vom Einkommen und Vermögen ab, ob die unterhaltspflichtige Person alleinstehend oder verheiratet ist, sowie ob sie selbst Kinder haben.
Solche individuellen Begrenzungen, obwohl verwaltungsintensiv, sind richtig, weil man dadurch die Grenze des angemessenen Eigenbedarfs des unterhaltspflichtigen erwachsenen Kindes festlegen kann.
Es ist natürlich wahr, dass diese regelmäßigen Überprüfungen zur Festlegung gerechter Unterhaltszahlungen einen höheren Verwaltungsaufwand schaffen. Allerdings kann nur so wirklich gewährleistet werden, dass die Zahlungen für die jeweils Betroffenen in einem sozial verträglichen Rahmen bleiben. Eine pauschal festgelegte Zahlungshöhe etwa würde den Verwaltungsaufwand verringern. Die Folge aber wäre, dass dadurch Menschen benachteiligt würden, die aus oben genannten Gründen nicht die Möglichkeit haben, diese Kosten alleine aufzubringen.
Personen, die Elternunterhalt bezahlen, sollen entsprechend ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit den ihnen möglichen Beitrag aufbringen. Nur durch ein solches Modell, das die individuellen Umstände einbezieht, kann eine sozial gerechte Finanzierung der Pflege gewährleistet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Jung