Frage an Jörg Tauss von Gerd K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Tauss,
nun sind unsere Volksvertreter in seltener Einmütigkeit wieder einmal dabei, die Diäten zu erhöhen.
1) Treibt Ihnen das nicht Schamesröte ins Gesicht, wenn Sie darüber nachdenken, dass diese monatlich 700 Euro Erhöhung im Jahr 2009 mehr sind, als mancher Rentner zum Leben hat?
Ganz zu schweigen von arbeitswilligen Arbeitslosen?
2) Wundern Sie sich, dass die ´Linkspartei´ zulegt? Ist sie nicht die derzeit einzige Möglichkeit, dem ´sozialen Gewissen´ der SPD ein wenig Druck zu machen?
mfg Gerd Kuckelsberg
Sehr geehrter Herr Kuckelsberg,
vielen Dank fuer Ihre Anfrage.
Da es in den letzten Jahren entgegen Ihrer Annahme keine Erhoehung der Abgeordnetenentschaedigung gab, ist Ihre Formulierung "wieder einmal" sicher bewusst uebertrieben. Der von Ihnen kritisierte Vorschlag hat allerdings bislang das Parlament oder die Fraktionen noch nicht einmal erreicht, so dass ich noch keine Gelegenheit zur "Schamesroete" hatte.
Neben den von Ihnen genannten Gruppen gibt es dessen ungeachtet sicher noch weitere Menschen, die keine 700 Euro im Monat zum Leben haben. Ich denke da auch an juengere Menschen wie Schueler, Wehr- und Ersatzdienstleistende, Studierende etc. Dies ist auch einer der Gruende, warum ich uebrigens jenseits der Debatte um "Diaeten" zur Zeit unter anderem fuer eine BAfoeG - Erhoehung um 10% bei den Bedarfsaetzen und um 8% bei den Freibetraegen kaempfe.
Die interessante Frage, die sich aber hinter Ihrem Vergleich verbirgt, ist aber die nach einer angemessenen Abgeordneten"bezahlung". Und da gibt es sicher je nach Berufsstand hoechst unterschiedliche Wahrnehmungen. Auf meiner Homepage www.tauss.de finden Sie dazu auch einige grundsaetzliche Anmerkungen meinerseits. Grundsaetzlich orientieren sich die MdB- Bezuege in etwa an denen eines Verfassungsrichters. Der Abstand zu diesen hat sich allerdings in den letzten Jahren durch die nicht mehr vorgenommenen Diaetenerhoehungen weiter vergroessert.
Aus diesem Grund stellt sich die Frage nach der Hoehe dieser Bezuege von derzeit rund 7.000 Euro immer wieder neu. Das ist zweifellos ein stolzer Betrag fuer "Normal"verdiener, Sozialhilfebezieher etc. Nur- wo sollen nach Ihrer Auffassung die Vergleichsmassstaebe liegen? An diesen? Sicher nicht. Oder an Wirtschaftsbossen? Auch nicht moeglich. So erscheint mir der Vergleich mit einem Richter noch immer der angemessenste zu sein. Bereits mittlere Abteilungsleiter aus der Wirtschaft haben mir schon versichert, schon aus finanziellen Gruenden nicht Abgeordneter sein oder werden zu wollen. Waere das in Ihrem Sinne gewollt? Dann sollte man sich aber auch ueber die Struktur und Zusammensetzung des Parlaments nicht mehr mokieren, wenn das Bundestagsmandat bereits fuer mittlere Manager oder gehobene (Wahl-)Beamte schon rein finanziell nicht mehr interessant waere.
Aber vielleicht entwickelt sich auf Abgeordnetenwatch auch zu diesen Fragen eine interessante Debatte.
Mit freundlichen Gruessen
Joerg Tauss
PS: Ihre Frage nach der Nachfolge- PDS habe ich an anderer Stelle in zurueckliegenden Beitraege bereits mehrfach eroertert. Eines Drucks auf das "soziale Gewissen" der SPD bedarf es wahrhaftig nicht. Der Primitivpopulismus der Pseudolinken hat aber ohnehin nichts mit Gewissen zu tun.