Frage an Jochen Lipproß von Regina W. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)
Lt ihrem Wahlprogramm befürwortet die FDP die Schaffung von Modellregionen, in denen die befristeten Aussetzungen bundesrechtlicher Regelungen im Bau-, Tarif- und Arbeitsrecht möglich gemacht werden sollen.
Besteht dadurch nicht die Gefahr - bsonders hinsichtlich des Tarif- und Arbeitsrechts - dass sich der Konflikt um die "2 Klassen Gesellschaft" noch verschärft bzw. fördert dies nicht u.U. die "Landflucht" aus den betroffenen Gebieten?
Ist nicht auch zu befürchten das strukturell schwache westdeutsche Gebiete bzw. dort ansässige Unternehmen Forderungen nach gleichen Modellen stellen?
Sehr geehrte Frau Wortmann,
Ihre Sorgen sind nachvollziehbar.
Ich bin aber überzeugt, dass unser Programmvorschlag zu einfacheren Regeln im Osten deutlich mehr Chancen als Risiken bietet.
Den status quo - also relativen Wohlstand ohne Veränderungen - zu erhalten, wird uns bestimmt nicht gelingen.
Die Vereinfachungen von Regelwerken sollen aus meiner Sicht im Osten auch nur vorgezogen werden.
Vereinfachungen, die sich dort im Kleinen bewähren, sollten wir alsbald für den Rest der Republik übernehmen.
Ungewollt unterschiedliche Maßstäbe bestehen ganz unabhängig von unserem
Programm ohnehin schon.
Hierfür nur zwei Beispiele, die mir auf Anhieb geläufig sind:
1. In der Arbeitswelt erlebe ich schon heute ganz erhebliche
Abstufungen hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit zwischen unbefristet
Beschäftigten, befristet Beschäftigten und Leiharbeitnehmern innerhalb eines
Unternehmens.
2. Bei Betriebsgenehmigungen abfalltechnischer Anlagen werden im Osten Deutschlands - trotz eigentlich gleichen Rechtsrahmens - viel geringere Auflagen erteilt.
Das erste Beispiel empfinde ich als ungerecht, weil dabei unangemessene Unterschiede innerhalb eines Unternehmens entstehen und ich hier eine größere Solidarität erwarte.
Abweichende Entlohnungssysteme in Regionen mit anderen Kosten und anderen Konkurrenzlagen halte ich dagegen für hinnehmbar.
Das zweite Beispiel bewegt sich mit den geringeren Behördenauflagen zur Zeit in rechtlichen Grauzonen. Da in den mir bekannten Fällen kein Schaden für die Umwelt entsteht, bin ich für eine formale Legitimation dieser Praxis.
Mit freundlichem Gruß
Jochen Lippross