Frage an Jens Maßlo von Genia B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Dr. Maßlo,
in SH wurden die Umstellungs- und Beibehaltungsförderung für den Ökolog. Landbau ausgesetzt.
SH ist Schlußlicht im Öko-Ranking der Länder, daß der "Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft" erstellt hat.
- Werden Sie sich dafür einsetzen, die Förderung des ökol. Landbaus als ein Ziel der Landespolitik aufzunehmen?
-Welche Priorität hat der Öko-Landbau in SH und in Ihrem Wahlkreis für Sie auf einer Skala von "1" für sehr hoch bis "5" für gar nicht?
Ein konkretes Beispiel für die industrielle Landwirtschaft im Kreis:
Auf dem benachbarten Bauernhof soll nach Eigentümerwechsel intensive Schweinehaltung betrieben werden. Das wäre der dritte Schweinestall in Sicht-, Geruch- und Hörweite.
- Ist das hinzunhemen? ( Ich selbst kaufe trotz unterdurschnittlichem Einkommen kein Fleisch aus Supermärkten. )
- Was werden Sie an der Praxis, daß Landwirten nur in absoluten Ausnahmen (Aus-)Baugenehmigungenverweigert werden ändern?
-Wer bezahlt den Wertvelust meines Hauses?
Vielen Dank für Ihr Bemühen
mit freundlichen Grüßen Genia Bergemann
Sehr geehrte Frau Bergemann,
es ist für mich unverständlich, dass die derzeitige Landesregierung die Förderung für den ökologischen Landbau gestrichen hat. Schleswig-Holstein war in diesem Bereich bisher schon Schlusslicht und wird dadurch noch weiter abgehängt.
Nach meinen Informationen läuft für die Hälfte der ökologisch wirtschaftenden Betriebe die Förderung in diesem Jahr aus. Wir stehen nun vor der Frage, wie sie weitermachen werden. Der Bioland-Verband geht davon aus, dass dann wohl die meisten Öko-Betriebe aufgeben werden und müssen. Und dabei ist die Förderung des ökologischen Landbaus eine wichtiger Baustein eines Wachstumsprogramms für den ländlichen Raum.
Durch die gute Kofinanzierung muss für jeden an den Öko-Landwirt ausgezahlten Euro das Land nur 18 Cent aufwenden; den Rest legen der Bund und die EU oben drauf! Ein besseres Wirtschaftsförderprogramm kann es aus Landessicht kaum geben. Deshalb ist die Kürzung viel zu kurzsichtig.
Ich setze mich dafür ein, dass wir die Umstellungs- und Beibehaltungsförderung so schnell wie möglich wieder aufleben lassen. Das muss sofort nach der Wahl erfolgen, mit einem Sofortprogramm bzw. zumindest einer Fristverlängerung für die Antragstellung, damit die Betriebe in diesem Jahr nicht leer ausgehen. Prioriät 1.
Für mich sind Ökolandwirte ein sehr wichtiger Bestandteil regionaler Wirtschaftskreisläufe. Diese wollen wir Sozialdemokraten in besonderer Weise fördern, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten und auszubauen.
Die Nürnberger Biofach-Messe hat in diesem Frühjahr eindrücklich gezeigt, dass die inländische Nachfrage nach Bio-Produkten weiter steigt. Und die Verbraucher - das zeigt Ihr Beispiel - achten inzwischen sehr genau darauf, woher die Produkte kommen. Der Ausstieg aus der Ökobauförderung ist da der absolut verkehrte Weg.
Mir ist wichtig, dass wir uns in Deutschland stärker auf die Produktion qualitativ hochwertiger Lebensmittel konzentrieren, statt Billigprodukte für den Weltmarkt zu erzeugen. Wenn wir auf hohe Qualität und eine nachhaltige Bewirtschaftung setzen, hat unsere Landwirtschaft auch zukünftig gute Marktchancen. Deshalb habe ich auch lange dafür geworben, dass wir uns als Kreis gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen aussprechen.
Was Ihren konkreten Fall betrifft: Das Problem ist nicht der einzelne Betrieb, sondern die dichte Konzentration. Auch muss eine größere Anlage nicht immer gleich eine schlechtere Anlage sein. Manchmal kann eine größere Anlage auch eine bessere sein, weil neue Techniken bereits Immissionen verhindern oder sich z.B. effektivere Abluftfilteranlagen betriebswirtschaftlich eher rechnen als bei einer kleineren Anlage. Zentral aus meiner Sicht ist die Frage nach der artgerechten Tierhaltung. Und im Idealfall eine Absprache des Landwirts mit seinen Nachbarn bzw. den Bürgern der jeweiligen Gemeinde.
Das derzeitige Baurecht sieht im § 35 BauGB die Privilegierung für landwirtschaftliche Betriebe vor. Hier muss nachgebessert werden, indem der Privilegierungstatbestand verschärft wird. Eine Privilegierung darf es nach meiner Auffassung nur noch für Tierhaltungsanlagen geben, die unterhalb eines maximalen Tierbesatzes pro Hektar Betriebsfläche liegen.
Die Änderung des Baurechts allein greift aber zu kurz. Ein weiteres Problem stellen die Nährstoffüberschüsse auf den intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen dar. Gerade in Konzentrationsgebieten, wo viele Stallanlagen oder/und Biogasanlagen gebaut wurden, müssen wir diesem Problem entgegenwirken. Deshalb müssen wir auch andere Wege gehen, zu denen auch eine bessere Dokumentation und Steuerung von Nährstoff- und Substratströmen sowie die Absenkungen der gegenwärtige Boni-Zahlungen durch das EEG gehört.
Insgesamt brauchen wir eine bäuerliche Landwirtschaft, in der unsere Lebensmittel auf nachhaltige Weise produziert werden. In der die Tiere artgerecht gehalten werden und von deren Erlösen die Landwirte auch leben können. Dabei ist wiederum jeder einzelne von uns gefordert: wir müssen uns fragen, wo und was wir einkaufen. Qualität ist nicht zu Billigpreisen zu haben.
Übrigens veranstalte ich am 27.04.2012 eine Podiumsdiskussion zum Thema "Steht der Öko-Landbau in Schleswig-Holstein vor dem Aus?", auf der ich mit Vertretern aus Politik und Verbänden auch über Ihre Fragen diskutieren werde. Weitere Details dazu finden Sie auf meiner Internetseite: http://www.masslo.de/index.php?mod=content&page_id=9616.
Mit freundlichen Grüßen,
Jens Maßlo