Ihrem Parteiprogramm nach soll mehr echte Demokratie gewagt werden, Sie stehen für mehr direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung, Volksentscheidungen. Warum stimmen Sie dann gegen die Stärkung parlamentarischer Bürgerräte?
Sehr geehrter Herr Giebe,
Ihrem Parteiprogramm nach soll mehr echte Demokratie gewagt werden, Sie stehen für mehr direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung, Volksentscheidungen. Warum stimmen Sie dann gegen die Stärkung parlamentarischer Bürgerräte?
Sie werben in Ihrem Programm damit, Frauenrechte und Kinderschutz in der gesetzgeberischen Praxis in einen Ausgleich bringen zu wollen. Ist Ihre Stimme für Strafffreiheit des Schwangerschaft-Abbruchs der richtige Weg dazu?
Ich freue mich auf Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen,
R.K.

Sehr geehrte Frau K.,
gern möchte ich hiermit versuchen, eine Antwort auf Ihre Fragen zu geben.
Ja, ich lehne eine Stärkung der Bürgerräte ab, da ich diese nicht für eine Stärkung der direkten Volksbeteiligung an Entscheidungsprozessen erachte. Ich sehe in den Bürgerräten eher das Gegenteil; den Versuch, nach außen ein Schirmchen gegen die sehr oft durch reine Lobbypolitik geprägte Entscheidungsfindung in den Parlamenten zu stellen. Zum ersten wird hier auf Zufall wieder nur einer sehr begrenzten Gruppe die Möglichkeit einer Beteiligung an der Meinungsbildung eingeräumt.
Zum zweiten fehlt mir hier der Grundsatz der fachlichen Kompetenz (wie leider auch bei vielen Politikern), was natürlich von den Initiatoren meist auch gewünscht ist. Und zum dritten gestatten Sie mir eine Gegenfrage: Zu welchem tatsächlich relevanten politischen Thema wurde bislang ein Bürgerrat eingesetzt?
Ich möchte mich für die Herabsetzung der Quoren für Volksanträge und für eine echte Volksgesetzgebung stark machen.
Es stört mich zum Beispiel massiv, dass bis heute das Grundgesetz, nach dem Vollzug der Deutschen Einheit, nicht durch einen Volksentscheid als Verfassung für ganz Deutschland in Kraft gesetzt wurde, so wie es noch 1990 in dessen Präambel zu lesen war.
Ebenso sehe ich Volksabstimmungen, zu bestimmten alle betreffende Entscheidungen, eher als geeignet an, die in der Bevölkerung vorhandene Fach- und Sachkompetenz zu mobilisieren und somit zu guten Entscheidungen für unser Land zu kommen. Unser Nachbarland, die Schweiz, macht uns das seit geraumer Zeit vor.
Ich hoffe damit ein wenig Verständnis für mein Nein zu den Bürgerräten bei Ihnen erreicht zu haben. Gern bin ich auch bereit mit Ihnen dieses Thema persönlich zu diskutieren. Zum Beispiel am 23.02.2025 zu unserer Wahlparty in Freital, denn bis zu einer echten und effektiven Bürgerbeteiligung in Deutschland wird es wohl leider noch ein weiter Weg sein und ich lasse mich gern durch gute Argumente auch von anderen Lösungen überzeugen.
Zu Ihrer zweiten Frage:
Mein "Ja" zur Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen ist meine rein persönliche Ansicht zu exakt diesem Punkt; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis wird dieses Thema durchaus sehr kontrovers diskutiert. Insbesondere die letzten Jahre und Jahrzehnte haben doch deutlich gezeigt, dass durch die gegenwärtige Gesetzgebung keinesfalls mehr Geburten erreicht werden. Hierfür sind vor allem eine familienfreundliche Politik, gute Bildungschancen für Alle und eine gute Wirtschaftspolitik, die den Menschen klare Perspektiven aufzeigt, erforderlich und nicht die Kriminalisierung von Frauen, die sich, aus welchem Grund auch immer, gegen ein Baby entscheiden.
Und noch etwas ist aus meiner Sicht ganz wichtig, damit sich junge Frauen bewusst für Kinder entscheiden; die Chance, dass die Kinder in Frieden und Freiheit aufwachsen können.
Hochachtungsvoll Jens Giebe