Frage an Jasenka Wrede von Andreas J. bezüglich Familie
Lieber Jasenka Wrede!
von seiten der Politik wird immer häufiger die staatliche Kindergartenpflicht gefordert.
Dies ist ein Übergriff der Politik auf die Freiheit und das Erziehungsrecht der Eltern, das in Art. 6 GG ausdrücklich geschützt wird.
Schon heute werden Familien in erschreckendem Maße bevormundet und dabei gleichzeitig materiell benachteiligt. Ich fordere Sie deshalb auf, sich gegen die Einführung einer Kindergartenpflicht auszusprechen. Statt dessen müssen die Familien in ihrer Erziehungsaufgabe gestärkt werden.
Ich möchte Sie daher dringend bitten, noch vor der Landtagswahl Ihre Haltung zur Kindergartenpflicht offen zu legen. Sind Sie für oder gegen die Einführung einer Kindergartenpflicht?
Meine Wählerstimme werde ich stark von Ihrer Haltung in dieser Frage abhängig machen.
Ich freue mich, schon bald von Ihnen zu hören.
Andreas Jannek
Sehr geehrter Herr Jannek,
wie Sie den bisherigen Informationen der Piratenpartei und dem Wahlprogramm sicher entnehmen konnten, sind wir eine Bürgerrechtspartei. Zu einer Bürgerrechtspartei aber gehört, dass sie die Rechte aller Bürger wahrt.
So auch die der Kinder.
Ein Kind in der heutigen Gesellschaft sollte, wie auch in unserem Programm deutlich bei den Themen Bildung, Erziehung, Familie und Soziales herausgearbeitet einen Anspruch und ein Recht zum Besuch einer Institution mit entsprechendem Erziehungs- und Bildungsangebot haben. Die Betonung geht hier eindeutig auf das Recht des Kindes und der Eltern ein.
So fordern wir einen Kinderkrippen- und in Folge Kindergartenplatz als Angebot für die Kinder ein.
Von einer staatlichen Erziehungspflicht jedoch ist nirgends die Rede. Allerdings sehen wir eine Pflicht des Staates auch darin, dass junge Eltern über die Möglichkeiten und pädagogischen Angebote, die eine Kinderkrippe und ein Kindergarten bieten können informiert werden. Dabei setzen wir uns auch für eine qualifizierte Ausbildung und eine regelmäßige Weiterbildung der Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungskräfte ein.
Entsprechende Informationsangebote zu den Möglichkeiten, die sich Ihrem Kind in einer Kinderkrippe oder einem Kindergarten oder einer anderweitigen vorschulischen Einrichtung bieten, sollten wohnortnah für alle Familien und junge Menschen mit Kinderwunsch verfügbar sein.
In unserem Wahlprogramm stellen wir klar: "Der Besuch einer vorschulischen Einrichtung kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Kinder in der Grundschule leichter lernen und sich besser in einer Gruppe zurechtfinden. Gleichzeitig können Kindergärten, Kinderkrippen und andere Kindertagesstätten maßgeblich zur Entlastung berufstätiger Eltern beitragen und es manchen Eltern überhaupt erst ermöglichen einen Beruf auszuüben. Deshalb wollen wir es aus Landesmitteln ermöglichen, dass der Besuch von Kindergärten nach dem dritten Lebensjahr und der Besuch von Kinderkrippen bereits nach dem ersten Lebensjahr für jedes Kind kostenlos angeboten wird.
Damit erhalten alle Kinder, unabhängig von ihrem familiären und gesellschaftlichen Hintergrund, möglichst gleiche Voraussetzungen für ihren weiteren Bildungsweg."
Ein Zwang widerspräche dem Grundrecht auf freien Zugang zu Information, Bildung und Kultur, den wir ausdrücklich formulieren und dessen zeitnahe Umsetzung in unsrer freiheitlich- demokratischen Gesellschaft unumgänglich ist, um jeden Menschen unabhängig von seiner Herkunft, seinem sozialem Status oder seinen Interessen ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen.
Einen Zwang für Eltern darf es nicht geben in einer wirklichen demokratischen Gesellschaft.
Jedoch stellen wir uns als Partei auch gegen ein allgemeines Screening, wie es durch die neue Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg gefordert wird.
MMn. soll allerdings in Zweifelsfällen, in denen eine Benachteiligung der Kinder in körperlicher oder geistiger Entwicklung zu erkennen ist, z.B. Kinder in der Gesellschaft nicht wahrgenommen werden, da sie bewusst abgekapselt werden, oder bei gesundheitlichen Routineuntersuchungen beim Kinderarzt sich Unregelmäßigkeiten zeigen, durch Aufklärungsmöglichkeiten bei den Eltern, die Sensibilisierung zum Wohl der Kinder stattfinden und auch mit konkreten Hilfsangeboten durch die Institutionen dazu beitragen.
Lieber Herr J., sie sprechen sich zu Recht gegen eine reine Bevormundung des Staates aus und fordern: "Statt dessen müssen die Familien in ihrer Erziehungsaufgabe gestärkt werden". Damit gehen sie genau in Ihren Forderungen konform mit den Inhalten unseres Bildungs- und Erziehungsprogrammes.
Ja wir gehen neben den Informationsangeboten und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Kindergärten, Schulen, Vereinen und Elternorganisationen sogar noch weiter und fordern diese Liberalisierung auch im Baden-Württembergischen Schulsystem und setzen uns für ein ausdrückliches Mitspracherecht der Eltern innerhalb der Institutionen ein: "Ziel unserer Schulpolitik ist die optimale Förderung der Schüler. Diese wird durch eine freiwillige Ganztagesbetreuung erleichtert, die flächendeckend ermöglicht werden soll und in der eine örtliche Kooperation mit schulexternen Trägern wie Vereinen oder Musikschulen angestrebt wird.
Weitere alternative Schulkonzepte müssen in Baden-Württemberg möglich sein und parallel zu den bisherigen Schulformen existieren dürfen. Den Schulen sind hier auf Wunsch von Eltern, Schülern und Schulträgern durch eine entsprechende Reform des Landesschulgesetzes mehr Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen." "Wir fordern einen Betreuungsschlüssel, der einen verbesserten Unterricht sowie eine individuelle Betreuung zum Ziel hat. Dazu gehört die Schaffung neuer Lehrerstellen und eine angemessene Fort- und Weiterbildung der Lehrer.
Wir wollen ein integratives Konzept „Lebenslanges Lernen“ aufbauen, das Volkshochschulen mit Schulen, Fachhochschulen, Berufsschulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen zu einem Verbund der Erwachsenenbildung effektiv zusammenführt."
Als Fazit zu Ihrer Frage möchte ich nur noch zusammenfassen: Eine Pflicht, so auch die Kindergartenpflicht kann nicht dazu beitragen, dass freiwillige Aufklärung und Information der Eltern möglich ist.
Nur durch Aufklärungs- und Fortbildungsmöglichkeiten in ihrer Nähe können sich Eltern ein Bild darüber machen, inwiefern ein gemeinsames "Erwachsenwerden" für ihre eigenen Kinder von Vorteil sein könnte. Verantwortungsbewusste Eltern werden so den für ihr Kind am geeignetsten Weg herausfinden.
Ich hoffe Ihre Frage entsprechend der Fragestellung ausführlich beantwortet zu haben und würde mich freuen, Sie als zufriedenen Wähler nach der Wahl an den regionalen Treffen wieder begrüßen zu dürfen.