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Janosch Dahmen
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christoph G. •

Wieso eine allgemeine Impfplicht bei veraltetem Impfstoff (gg Alpha, nicht gg Delta- und Omikron-Varianten entwickelt)mit deutlich weniger Wirksamkeit als bei Masern? Gilt die Impfpflicht für alle ?

Sehr geehrter Herr Dahmen,

nahezu alle verantwortlichen Politiker haben in der Vergangenheit eine allgemeine Impfpflicht verneint. Herr Spahn hat dies bei einer Befragung im November 2020 im Bundestag sowie in mehreren Interviews ausdrücklich ausgeschlossen. Man ging von einer deutlich längeren und anhaltenderen Wirksamkeit der Impfstoffe aus, ansonsten hätte man ja nicht zum 30. September 2020 die Impfzentren geschlossen. Seit August 2021 ist jedoch aus dem Wochenbericht des RKI eine stetig steigende Zahl der offiziell bekannten Impfdurchbrüche und auch der Ansteckung durch Geimpfte zu entnehmen. Vor der Einführung der Masern-Impfpflicht wurde die hohe Wirksamkeit und anhaltende Wirkung des Impfstoffes als Grund herangeführt. Wieso wird ausgerechnet jetzt - Ausnahme Teile FDP und AfD - eine Impfpflicht mit einem noch gar nicht auf Delta- und Omikron-Variante angepasstem Impfstoff diskutiert? Würde eine allgemeine Impfpflicht auch für Alle,d.h. für Urlauber und Asylbewerber gelten?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Fragen. Eine Pandemie ist ein sehr dynamisches Geschehen. Es ist politisch wichtig, dass man immer Anpassungen durchführt, wenn sich die Situation ändert, da sonst keine adäquate Antwort gegeben werden kann. Es muss nachgesteuert werden, wenn es notwendig ist. Mutationen des Virus waren zu erwarten, aber nicht die genaue Ausgestaltung dieser Mutationen. In unserer jetzigen Situation, mit der schnelle Verbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante, muss eine Anpassung der Politik erfolgen, weshalb ein Überdenken der Strategie notwendig ist. Das Korrigieren politischer Positionen sollte dabei nicht immer gleich als „Umfallen“ gebrandmarkt werden, sondern als Teil positiver Fehlerkultur, denn nur dann kann Politik auch in Zukunft lageangepasst handeln.

Auch wenn die aktuellen Daten darauf hinweisen, dass die Krankheitsverläufe bei einer Infektion mit Omikron insgesamt milder verlaufen, führt die höhere Infektiosität trotzdem zu einer großen Anzahl an Personen, die ein Bett in einem Krankenhaus benötigen. Ungeimpfte haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit an einem schweren Verlauf zu erkranken. Die aktuelle Studienlage  (https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1044481/Technical-Briefing-31-Dec-2021-Omicron_severity_update.pdf) zeigt, dass die Verhinderung der Übertragung der Omikron-Variante nach der zweiten Impfung innerhalb einiger Monate stark nachlässt. Eine Boosterimpfung erhöht diesen Schutz aber, zumindest für einige Zeit, auf ca. 70%. Die Impfung schützte außerdem nach einer aktuellen Studie (https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1044481/Technical-Briefing-31-Dec-2021-Omicron_severity_update.pdf) bis mindestens 6 Monate nach der zweiten Impfung mit ca. 72% und nach einer Boosterimpfung mit 88% vor einer Hospitalisierung bzw. einem schweren Verlauf, auch bei einer Omikron-Infektion. Der Impfschutz bietet damit sowohl Schutz für die geimpfte Person vor Hospitalisierung, aber schützt auch die Gemeinschaft, da er zu einer geringeren Belastung des Gesundheitswesens führt und so die Behandlung für schwere COVID-Verläufe, aber auch die Behandlung anderer Erkrankungen, sicherstellt. Sowohl BioNTech/Pfizer, also auch Moderna arbeiten derzeit an einem noch besser an Omikron angepassten Impfstoff, der je nach Ergebnissen der aktuell laufenden Studien und Zulassungsverfahren vermutlich im Laufe des 2. Quartals 2022 zur Verfügung stehen wird.

Eine Pandemie ist wie eben erwähnt ein sehr dynamisches Geschehen. Aus diesem Grund ist es wichtig jetzt über eine Impfpflicht zu diskutieren. Die entsprechenden Details der Umsetzung werden in den nächsten Wochen und Monaten Thema einer parteiübergreifenden Diskussion im Bundestag, sowie einer öffentlichen Diskussion sein.

Der Stand der medizinischen Wissenschaft ist dynamisch und neue Erkenntnisse kommen kontinuierlich hinzu. Auf dieser Basis können sich auch politische Entscheidungen im Laufe der Zeit ändern und Anpassungen müssen vorgenommen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Janosch Dahmen

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