Wie verstehen Sie unter Ihrer politische Versantwortung Demokratie? Werden Minderheiten geschützt oder sollen Andersdenken eingeschüchtert und bestrafft werden?
Denn Sie sagten, dass eine Impfpflicht kein Zwang bedeutet, wohl aber die Möglichkeit von Bußgeldern, die "wehtun". Ist es also das Ziel der von Ihnen befürworten Impfpflicht Menschen, die -gut informiert- sich nicht impfen lassen wollen, zu bestrafen? Ist das Ihren Verständnis von Demokratie?
Die Frage ob hier schwerwiegender ist der Schutz von der Mehrheit als die Grundrechte einer "Minderheit" von mehreren Millionen haben schon viele med. Studien gezeigt: die Impfung schutz nicht wesentlich vor der Weiteransteckung des Virus. Brauchen Sie also nicht damit anzufangen. Meine Frage ziel auf Ihren Demokratieverständnis, als Politiker, nicht als Arzt.
Sehr geehrte Frau M.,
vielen Dank für Ihre Frage. Es ist gut, dieses wichtige Thema ausführlich und konstruktiv zu diskutieren. Auch im Bundestag wird hierzu eine intensive Debatte geführt. Der Austausch von Argumenten, der gegenseitige Perspektivwechsel, das Abwägen unterschiedlicher Schutzgüter sind Qualitäten einer demokratischen Öffentlichkeit, die bei einer heiklen Frage wie der Impfpflicht besonders gefordert sind.
Auch wenn wir es uns alle wünschen, die Pandemie ist noch nicht vorbei. Eher im Gegenteil: aktuell beobachten wir weiter stetig steigende Infektionszahlen, es müssen wieder mehr an Covid-19 erkrankte Menschen im Krankenhaus behandelt werden und weiterhin sterben viel zu viele Menschen in Folge einer Covid-19 Erkrankung. Unser Gesundheitssystem befindet sich damit weiter an seiner Belastungsgrenze. Es ist richtig, dass auch nach einer Impfung eine Weiteransteckung möglich ist, diese wird aber durch die Schutzimpfung gesenkt, weil die Viruslast bei Geimpften in der Regel geringer ist. Studien zeigen außerdem sehr deutlich, dass durch die Impfung die Wahrscheinlichkeit für Infektionen, besonders schwere Krankheitsverläufe und Langzeitfolgen einer Covid-19 Erkrankung deutlich gesenkt werden können. Dies schützt nicht nur die Geimpften selbst, sondern führt bspw. auch dazu, dass weniger infizierte Menschen in einem Krankenhaus behandelt werden müssen. Die Krankenhäuser und das Gesundheitssystem können so entlastet werden.
Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass wir die Infektionsdynamik insgesamt senken, eine „Durchseuchung“ der Bevölkerung stellt für mich keine Alternative dar.
Die Impfung ist unser wichtigstes Instrument, um den Verlauf der Pandemie gemeinsam als Gesellschaft abzuschwächen. Nur ein hoher Immunschutz der Bevölkerung wird dazu beitragen, künftig anderweitige Eingriffe in Grundrechte weitestgehend zu vermeiden, wie das Recht auf schulische Bildung, die freie Berufsausübung, die freie Ausübung von Kunst und Kultur, die Versammlungsfreiheit die Freiheit der Religionsausübung, bzw. die allgemeine Handlungsfreiheit.
Der Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und der gesellschaftlichen Freiheit sind daher aus meiner Sicht legitime Ziele zu deren Erreichung die Impfpflicht für alle Erwachsenen ein geeignetes Mittel darstellt. Der Stand der medizinischen Wissenschaft und die Infektionslage sind dynamisch, neue Erkenntnisse kommen kontinuierlich hinzu. Auf dieser Basis müssen natürlich auch politische Entscheidungen im Laufe der Zeit überprüft und ggf. angepasst werden.
Mit freundlichen Grüßen
Janosch Dahmen