Wie soll das Gesundheitswesen in 5 Jahren aussehen? Weitere Privatisierungen? Digitalisierung?
Sehr geehrte Frau H.,
Vielen Dank für Ihre Frage.
Für uns Grüne gilt der Grundsatz: Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Wir müssen unser Gesundheitssystem wieder am Prinzip der Vorsorge und Gesundheitsprävention ausrichten und nicht immer weiter marktwirtschaftlichen Prinzipien wie der Rendite unterwerfen. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass ein solches System, das sich nur unter Volllast rentiert, nicht dem Wohle der Patient*innen dient. Ein funktionierender Gesundheitsschutz ist - wie die Gesundheitsversorgung - eine der zentralen Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge. Doch schon vor der Pandemie waren die Strukturen von Kommune über Land und Bund in erster Linie auf das Verwalten und viel zu sehr auf reaktive und reparierende Muster angelegt. Wir brauchen stattdessen einen aktiv handelnden Staat, der aktiven Gesundheitsschutz betreibt. Der ökonomische Druck, der immer zu Lasten des Patient*innenwohls und des Gesundheitspersonals geht, darf nicht leitend bei gesundheitspolitischen Entscheidungen sein.
Deshalb müssen wir die gesundheitspolitischen Weichen in der nächsten Legislaturperiode neu stellen. Ziel muss es sein, die Zwei-Klassen-Medizin zu beenden und eine solidarische Bürgerversicherung auf den Weg zu bringen. Damit die Versorgung von Patientinnen und Patienten erfolgen kann, braucht es Fachpersonal. Wir streiten für eine Aufwertung und faire Entlohnung aller Gesundheitsberufe -damit diejenigen, die tagtäglich für unser aller Gesundheit sorgen, bei ihrer Arbeit selbst gesund und zufrieden bleiben und angemessen entlohnt werden. Außerdem braucht es eine neue, bedarfsorientierte Planung mit Strukturen jenseits der starren Trennung von stationärer und ambulanter Versorgung. Mehr dazu unter: https://www.gruene-bundestag.de/themen/gesundheit/aufbruch-fuer-eine-bessere-gesundheitsversorgung
Sie haben auch die Digitalisierung im Gesundheitswesen angesprochen. Hier wurde zwar zuletzt viel auf den Weg gebracht, aber es fehlt ein klarer Fahrplan. Wir Grüne sehen vielfältige Chancen: mit digitalen Technologien werden zum Beispiel in ländlichen Räumen neue Möglichkeiten zur schnelleren und sicheren Diagnostik eröffnet. Außerdem können durch eine bessere Kommunikation und Koordination von Ärztinnen, Ärzten und anderen Gesundheitsberufen sowie das Teilen von Informationen die Sektorengrenzen überwunden werden. Unser Ziel ist eine Strategie, mit der sichergestellt wird, dass nicht einfach nur „digitalisiert“ wird, sondern mit Hilfe der Digitalisierung zentrale gesundheits- und pflegepolitische Probleme gelöst werden und ein Nutzen für die Patientinnen und Patienten und ihre Versorgung erzielt wird.
Ein mir auch persönlich als Notfallmediziner sehr wichtiges Anliegen, das von der Politik umgehend angepackt werden muss, ist die Reform der Notfallversorgung. Ziel einer Reform muss es sein, die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu stärken und so Patientinnen und Patienten schnell die Hilfe anzubieten, die sie gerade benötigen. Wir brauchen eine umfassende Notfallreform, die ganz zentral folgendes erfüllt: 1. den Rettungsdienst in den Blick nimmt, ihn neu regelt und als Gesundheitsleistung ins SGB V aufnimmt; 2. gemeinsame Leitstellen schafft, damit Menschen in Not nicht im Behandlungs- und Zuständigkeitswirrwarr verloren gehen; 3. integrierte Notfallzentren mit einem gemeinsamen Tresen schafft. Die starren Sektorengrenzen müssen überwunden werden.
Ich hoffe das gibt Ihnen einen Überblick, welche Weichen Grüne Gesundheitspolitik zukünftig stellen will.
Mit freundlichen Grüßen,
Janosch Dahmen