Sparmaßnahmen im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialbereich verschlechtern die Arbeits- und Lebenssituation von Frauen. Welche Verbesserungen schlagen Sie vor?
Sehr geehrte Frau Schäfer,
Frauen arbeiten schwerpunktmäßig in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen. Die Einsparung von Fachkräften bzw. der Fachkräftemangel verschlechtern ihre Arbeitssituation.
Frauen verfügen über weniger Einkommen und sind in stärkerem Maße von Armut bedroht. Deshalb sind die Höhe des Mindestlohns bzw. der Wohnungsmiete und der Lebenshaltungskosten wichtige Faktoren einer feministischen Politik. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor?
Sehr geehrte Frau R.,
Sie haben absolut recht. Frauen und Männer werden auch im Jahr 2024 noch nicht gleich bezahlt. Echte Gleichstellung ist überfällig, aber längst keine Realität. Das betrifft insbesondere den Lohn. Frauen verdienen im Schnitt 18% weniger als Männer.
Dass sich die Lohnlücke in Deutschland nur sehr langsam schließt, liegt auch daran, dass Berufe, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, oft schlechter bezahlt sind. Die heutige Bezahlung in den Care-Berufen wird deren Verantwortung nicht gerecht. Deshalb braucht es flächendeckende Tarifverträge, die mit deutlich besserer Bezahlung sozialer Arbeit einhergehen. Ganz allgemein müssen wir Berufe im Pflegebereich und im Bildungswesen aufwerten, damit sie eine angemessene Wertschätzung erfahren. Schließlich halten Menschen in diesen Arbeitsbereichen unsere Gesellschaft am Laufen.
Zentral ist dabei, das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln. Seine Durchsetzung muss gestärkt werden, indem Arbeitnehmer*innen ermächtigt werden, ihre individuellen Rechte durch Verbände im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen. Essenzielle politische Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung durch eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind auch der Ausbau der Kinderbetreuung und attraktive gesetzliche Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung.
Viele Frauen wollen mehr arbeiten, doch aufgrund mangelnder Vereinbarkeit, falscher steuerlicher Anreize und fehlender Lohngleichheit wird es ihnen schwerer gemacht. Die Hürden auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen würde für Millionen von Frauen mehr Freiheit und mehr Chancen bedeuten. Gleichzeitig würden davon unser Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme profitieren.
Eine eigenständige Existenzsicherung ist wichtig, um selbstbestimmt leben zu können. Abhängigkeit von Partner und Staat müssen verringert werden, denn eigenständige Existenzsicherung ist der beste Schutz vor Altersarmut. Von der sind aus den genannten Gründen vor allem Frauen betroffen. Echte Gleichberechtigung bedeutet auch gleiche Chancen am Arbeitsmarkt.
Beste Grüße
Jamila Schäfer