Frage an Irina Rimkus von Gerhard K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Ist Mindestlohn zeitgemäß?
Sehr geehrter Herr Konstantin,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Der Mindestlohn wurde von der LINKEN als erste Partei bereits vor Jahren im Bundes- und Landtag thematisiert und seither vehement eingefordert. Heute diskutieren ihn auch andere Parteien. Hinsichtlich seiner Höhe und Umsetzbarkeit differieren die Ansichten unter den Parteien jedoch erheblich.
Wir sagen, der Mindestlohn muss flächendeckend und existenzsichernd sein.
Er muss die Unabhängigkeit von Sozialtransfers, wie dem ALG II, oder der späteren Grundsicherung im Alter einschließen und deutlich oberhalb der Armutsschwelle liegen (925 Euro).
Bund und Land betreiben eine Niedriglohnpolitik (6,81 Euro in Ost), die sozial und ökonomisch nicht zu verantworten ist. Steuergelder werden als Co-Finanzierung für ergänzendes ALG II verwendet. Unter Androhung von Sanktionen müssen ALG II-Beziehende Niedrigstlöhne in Kauf nehmen (bis zu 30% unter dem ortsüblichen Tarifniveau). Die betroffenen Menschen müssen sich trotz ihrer Arbeit auf ein Minimum an Lebensqualität einstellen. Sie arbeiten für einen Hungerlohn in Vollzeit oder in mehreren Teilzeitbeschäftigungen.
Steigende Sozialausgaben für die Kommunen (Kosten der Unterkunft, Kitagebühren usw.) und Altersarmut sind Folge von Niedriglöhnen.
Damit muss endlich Schluss sein.
Abwanderungen und Fachkräftemangel, worüber heute überall diskutiert wird, waren voraussehbar. So lange wie es jedoch Einkommensunterschiede in Ost und West gibt, wird sich an dieser Situation nicht wesentlich etwas ändern.
Die Niedriglohnpolitik von CDU und SPD hat die Kaufkraft der Menschen enorm geschwächt. Die Reallöhne stagnieren oder sinken bundesweit. Das hat natürlich Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation gerade in unserem Bundesland, dessen Wirtschaftsstruktur größtenteils von kleinen und mittleren Unternehmen dominiert wird. Hier werden bundesweit die geringsten Löhne gezahlt.
Eine schrittweise Einführung des Mindestlohns und eine Förderung für kleine und mittlere Unternehmen in der Einführungsphase des Mindestlohns halte ich für sehr wichtig.
Mit 8,50 Euro Mindestlohn, wie die SPD ihn fordert, wäre ein Leben ohne ergänzendes ALG II nicht möglich. Die CDU favorisiert branchenspezifische Mindestlöhne, obwohl wir wissen, dass weniger als 40% aller Unternehmen in M-V tarifgebunden sind, diese Tarife zum Teil im Niedriglohnbereich liegen und deutschlandweit die Tarifbindung rückläufig ist.
Ein gesetzlicher Mindestlohn würde Niedriglöhnen entgegenwirken und auch die Bereiche einschließen, die nicht tarifgebunden sind.
Der Mindestlohn würde dafür sorgen, dass adäquat zum Wert der Arbeit tatsächlich auch gezahlt wird, denn viele Unternehmen in Deutschland, die Niedriglöhne zahlen, vergüten die Arbeit unterhalb der Produktivität ihres Unternehmens.
Die von der CDU oft herangeführten Argumente zum Verlust von Arbeitsplätzen und zur Beseitigung der Tarifautonomie bei Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns sind nicht haltbar. Untersuchungen in Großbritannien zeigen, dass ein Mindestlohn keine Arbeitsplätze kostet.
Die Wissenschaft sagt: "Es gibt definitiv keine gesicherten Nachweise über negative Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen."
Bei einem Mindestlohn von nur 10 Euro würden etwa 219.000 neue Arbeitsplätze entstehen und oberhalb der Mindestlohngrenze sollen weiterhin Tarifverhandlungen möglich sein.
In den meisten EU-Ländern gibt es längst einen gesetzlichen Mindestlohn.
Ein Mindestlohn, wie DIE LINKE ihn fordert (10-12,50€), schafft nicht nur eine auskömmliche Arbeit, er entlastet auch die Staats- und Sozialkassen und das in nicht unerheblichem Ausmaß.
Angesichts der wachsenden Einkommensarmut, besonders in unserem Bundesland, ist der Mindestlohn ein längst überfälliger Schritt. Seine Umsetzung gehört nach meiner Auffassung zu den vordringlichsten Aufgaben von Politik, um die Voraussetzungen für ein Leben der Menschen in Würde zu schaffen.
Ihre Irina Rimkus