Frage an Ingo Gädechens von Wolfgang K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gädechens,
Als Souverän dieser Republik und in Kenntniss der GG Präambel mit den GG Art.16,23,116 sowie 21 und 22 und der Nichtumsetzung des Art. 146 GG frage mich natürlich ,warum Art.146 nicht bei der Wiedervereinigung umgesetzt wurde.
Wären sie dafür oder dagegen ?
Für eine fachliche Erläuterung ihrerseits wäre ich sehr dankbar.
Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet u.a. Der Parteienstaat in Deutschland von Everhard Holtman sowie von Horst Säcker Titel Das Bundesverfassungsgericht an.
Frage ; lohnt der Erwerb dieser 2 Publikationen ?
Mit nettem Gruß
Wolfgang Kroll und
Danke im voraus für ihre Antworten
Sehr geehrter Herr Kroll,
der Artikel 146 GG lässt sich vor allem historisch erklären: er beschrieb in seiner alten Fassung einen möglichen Weg zur Deutschen Einheit mittels Erlasses einer gesamtdeutschen Verfassung. 1989/1990 erfolgte die Wiedervereinigung aber durch das damals in Artikel 23 GG geregelte Beitrittsverfahren, womit der andere im Grundgesetz beschriebene Weg zur Einheit gewählt wurde. Mit der Entscheidung über die Form der Wiedervereinigung einher ging damals also auch die Frage über das weitere Schicksal des Grundgesetzes. Während eine Wiedervereinigung nach Artikel 146 GG (alte Fassung) nur über eine neue Verfassung möglich gewesen wäre, konnte durch den Beitritt nach Artikel 23 GG (alte Fassung) das Grundgesetz erhalten werden. Es wurde somit zur gesamtdeutschen Verfassung.
Dass das Grundgesetz erhaltenswert erschien und auch immer noch erscheint, hängt mit den rundweg positiven Erfahrungen zusammen, die man mit diesem Verfassungstext gemacht hat. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass unser Grundgesetz vielen anderen Ländern als Vorbild beim Erlass eigener demokratischer Verfassungen diente (etwa Südafrika).
Da das Grundgesetz 1949 als ein Provisorium bis zur Herstellung der Wiedervereinigung gedacht war, wurde im Einigungsprozess der Artikel 146 GG dahingehend geändert, dass das Grundgesetz nunmehr für das gesamte deutsche Volk gelte. Diese Änderung war eine logische und notwendige redaktionelle Konsequenz aus dem zur Wiedereinigung gewählten Beitrittsverfahren. Hinsichtlich der Aussage, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliere, an dem eine Verfassung in Kraft trete, kommt dem Artikel 146 GG heute lediglich ein deklaratorischer Charakter zu. Der tatsächliche Aussagewert beschränkt sich also darauf, dass eine neue Verfassung das Grundgesetz in seiner Gültigkeit abzulösen vermag. Es handelt sich dabei aber keinesfalls um einen noch ausstehenden Verfassungsauftrag. Dieser wurde 1990 mit der Erreichung der Deutschen Einheit und der Entscheidung für das Grundgesetz als gesamtdeutsche Verfassung erfüllt.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich an dieser Stelle keine Literaturempfehlungen aussprechen möchte. Im Allgemeinen sind aber die Veröffentlichungen der Bundeszentrale für politische Bildung lesenswert und preisgünstig zu erwerben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ingo Gädechens