Frage an Ilka Neuenhaus von Manfred L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Neuenhaus,
können Sie der Sicht zustimmen, dass eine teilweiser Forderungsverzicht der Gläubiger Griechenlands der einzige Weg ist, um Griechenland nachhaltig zu entlasten?
Dass die EU in der jetzigen Situation die Weichen dafür stellt, ob dieser Forderungsverzicht zu Lasten der jetzigen privatem Gläubiger geht - oder zu Lasten zukünftiger Gläubiger bzw. Bürgen, nämlich Deutschlands und anderer EU-Ländern, nachdem bisherige Gläubiger ausgezahlt sind?
Dass die ungekürzte Verschuldung Griechenlands, die Neubelastung der anderen EU-Länder sowie die Akzeptanz von griechischen "Schrott"-Anleihen als Sicherheit für frisches Geld von der EZB das Ansehen des Euro und auch seinen Marktwert schwächt?
Dass abgestürzte Wert der griechischen Staatsanleihen nicht als Werk von Spekulanten abgetan werden sollte, sondern der nüchternen Einschätzung entspricht, dass eine Zurückzahlung in voller Höhe nicht mehr von Griechenland erwartet werden kann, sondern allenfalls von anderen EU-Ländern als Bürgen.
Werden Sie einem Gestz der Bundesregierung zustimmen, das den bisherigen Gläubiger Griechenlands das selbst eingegangene Risiko weitgehend abnimmt?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Lüdtke
Sehr geehrter Herr Lüdtke,
Der Weg um Griechenland nachhaltig zu entlasten wird gerade erst gefunden. Die Entwicklung und sich daraus ergebenden Handlungsnotwendigkeiten bleiben abzuwarten. Der bisher eingesetzte Rettungsschirm ist dabei kein Forderungsverzicht, sondern im Gegenteil kann sogar Zinsen für die Geberländer wie Deutschland abwerfen, wenn es gelingt die Haushalte der Staaten wie Griechenland zu konsolidieren. Grundsätzlich allerdings gilt, dass Forderungsverzichte wegen des Mitwirkens Deutschlands an der Krise Griechenlands, z.B. durch die Blockade von einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik, oder den Verkauf von überflüssigen und überaus teuren Rüstungsgütern an Griechenland, nicht unvertretbar wären. Außerdem ist Griechenlands finanzielles Überleben wichtig, um nicht die gesamte europäische und damit auch deutsche Währung zu gefährden. Vor diesem Hintergrund könnten Forderungsverzichte sinnvoll sein.
Eine klare Trennung von Lasten für den privaten Gläubiger und der gesamten EU inklusive des deutschen Steuerzahlers ist nicht möglich. Würde man versuchen die privaten Gläubiger auf ihren Anleihen sitzenzulassen, könnte dies zu einer totalen Abwertung der Anleihen und damit zur Pleite der entsprechenden Länder führen und somit den gesamten Euro-Raum, Deutschland eingeschlossen, massiv schädigen. Deutschland kann sich also nur für die Rettung entscheiden. Um die Risiken der Bürgschaft der Bundesregierung für den Steuerzahler zu minimieren fordern die Grünen außerdem die Bundesregierung auf, schnellstens Klarheit und Transparenz in der Rechtslage und Struktur des Rettungsschirms zu schaffen.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass von einer Inflation, also einem möglichen Wert- und Ansehensverlust des Euro und der EZB, nichts zu sehen ist. Außerdem sind die Schuldnerländer nicht pleite und der Euro immer noch weit solider als der US Dollar.
Im speziellen Fall Griechenlands ist der Vertrauensverlust durch spekulative Hedgefonds geschürt worden. Allerdings wurde der Vertrauensverlust erst durch eine fehlende gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik ermöglicht. Hedgefonds reagieren schnell und beißend-scharf auf solche grundlegenden Unstimmigkeiten im Markt. Deshalb muss einerseits den Spekulationen Einhalt geboten werden die solche Unstimmigkeiten aufzublähen und auszubeuten versuchen und andererseits muss sich Deutschland für eine geeinte Europäische Wirtschaftspolitik einsetzen, um solchen Spekulationen die Grundlage zu entziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ilka Neuenhaus