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Hubertus Heil
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Frage von Antje N. •

Werden Bürgergeldempfänger Zutritt zur gesetzlichen Krankenversicherung bekommen und hierdurch endlich auch wieder sicher versorgt sein?

Sehr geehrter Herr Heil,
ich bin seit meiner Geburt privat krankenversichert, da meine Eltern dies sind. Da ich arbeitsunfähig bin, hatte ich nie die Chance in eine gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Ich erhalte Sozialhilfe. Der Basistarif der privaten Kasse soll theoretisch ähnliche Leistungen wie die der gesetzlichen beinhalten. Dies ist jedoch in der Praxis nicht der Fall. Ärzte/Zahnärzte erhalten so geringe GOÄ-Sätze für Basistarif-Patienten, dass sie die Behandlung i.d.R. ablehnen, da sie weniger Geld erhalten als für gesetzlich Versicherte. Eine Behandlung erfolgt dann nur, wenn der Basistarifpatient unterschreibt, dass er die Differenz zu den höheren GOÄ-Sätzen selbst trägt. Dies ist mit Sozialhilfe jedoch nicht möglich, was den Patienten in eine Notlage bringt. Auch das Vorstrecken von Arztrechnungen ist nicht möglich. Die Überweisungsfrist der Rechnung ist i.d.R. verstrichen, wenn die Kasse es bearbeitet hat. Kommt mit dem Bürgergeld der ersehnte Zugang zur GKV? Bitte!

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Sehr geehrte Frau N.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Für Beziehende von laufenden Sozialhilfeleistungen (Drittes und Viertes Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)) sind dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales derzeit keine geplanten Änderungen hinsichtlich des Zugangs zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bekannt. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist fachlich zuständig. Gleichwohl möchte ich Ihnen folgende Hinweise geben:

Die privaten Krankenversicherungsunternehmen sind verpflichtet, einen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der GKV vergleichbar sind. Der Beitrag im Basistarif darf den Höchstbeitrag in der GKV nicht überschreiten. Der Basistarif zielt darauf ab, nicht gesetzlich Krankenversicherten die notwendige und mit dem Versorgungsniveau in der GKV übereinstimmende medizinische Versorgung nach denselben Bedingungen grundsätzlich kostenfrei zu gewährleisten wie gesetzlich Versicherten.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) haben die ärztliche Versorgung im Basistarif der privaten Krankenversicherungsunternehmen sicherzustellen. Vertragsärzte, die diesem Sicherstellungsauftrag der KV durch deren Satzungen unterliegen, sind zur Behandlung und zur Beachtung der o.g. Vergütungsvereinbarung bei der Abrechnung verpflichtet. Auch andere Vertragsärzte, in deren KV-Bezirk eine solche Satzungsregelung nicht besteht, können im Basistarif versicherte Personen nach den dafür vorgesehenen Regelungen behandeln. Sie können eine Behandlung – außer in Notfällen – aber auch ablehnen. In diesem Fall ist die regional zuständige KV verpflichtet, Vertragsärzte in zumutbarer Entfernung vom Wohnort des Patienten zu benennen, die bereit sind, die ambulante ärztliche Behandlung zu den Bedingungen des Basistarifs durchzuführen.

Innerhalb der Gruppe der Ärzte, die zur ärztlichen Versorgung im Basistarif verpflichtet sind, hat der Versicherte freie Arztwahl mit Behandlungsanspruch. Der Versicherte kann sich auch an andere Ärzte wenden, die zur Behandlung bereit sind. Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind Versicherte im Basistarif verpflichtet, den Arzt vor der Behandlung durch Vorlage des Behandlungsausweises über die Versicherung im Basistarif zu informieren.

Leistungsbeziehende des SGB XII sind nicht verpflichtet, in den Basistarif zu wechseln oder zu bleiben. Bis zur Höhe des sich aus dem Basistarif ergebenden halbierten Beitrags sind auch Beiträge aus anderen Tarifen privater Krankenversicherungsunternehmen berücksichtigungsfähig.

Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld sind grundsätzlich gegen das Risiko Krankheit und Pflege abgesichert. Dies erfolgt - je nach vorherigem Versicherungsstatus - entweder durch eine Pflichtversicherung in der GKV und in der sozialen Pflegeversicherung oder unter Fortführung des privaten Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes. Über die Grundsicherung für Arbeitsuchende wird dabei sichergestellt, dass alle Leistungsbeziehenden von Bürgergeld die notwendige und mit dem Versorgungsniveau in der GKV übereinstimmende medizinische Versorgung grundsätzlich kostenfrei erhalten.

Mit dem Bezug von Bürgergeld nach Maßgabe der SGB II-Vorschriften sind die Leistungsberechtigten - wie bereits beim Bezug von Arbeitslosengeld II auch - regelmäßig in die Versicherungspflicht in der GKV (§ 5 Absatz 1 Nummer 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V) einbezogen und erhalten hierüber Gesundheitsleistungen.

Personen, die zuletzt vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat kranken- und pflegeversichert waren, unterliegen nach den seit 2009 geltenden Regelungen des SGB V auch während des Bezugs von Bürgergeld weiterhin der Pflicht zur Versicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Die Regelung bezweckt eine genauere Systemabgrenzung bei der Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung für Beziehende von Bürgergeld und berücksichtigt zugleich, dass die privaten Krankenversicherungen seit 2009 einen bezahlbaren Basistarif anbieten müssen. Die Leistungen im Basis-tarif sind in Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der GKV vergleichbar.

Um die Bezahlbarkeit des Basistarifs zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber, anders als sonst in der PKV, eine Obergrenze festgelegt: Der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen darf dabei den Höchstbeitrag in der GKV nicht überschreiten. Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse bei Vorerkrankungen oder Wartezeiten sind unzulässig. Sind Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Sozialrechts oder würden sie durch die Bezahlung der Prämie hilfebedürftig, reduziert sich die Prämie im Basistarif um die Hälfte und wird für die Dauer des Bezugs von Bürgergeld bis zu dieser Höhe vom Jobcenter als Zuschuss übernommen.

Die geschilderte Rechtslage zielt darauf ab, nicht gesetzlich Krankenversicherten die notwendige und mit dem Versorgungsniveau in der GKV übereinstimmende medizinische Versorgung im Rahmen des Basistarifs nach denselben Bedingungen grundsätzlich kostenfrei zu gewährleisten wie gesetzlich Versicherten.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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