Warum sind im reichen Deutschland die Renten viel niedriger als in anderen vergleichbaren EU-Ländern?. Warum sind die Pensionen ( ohne Beiträge zu zahlen) so hoch?.
Sehr geehrter Herr G.,
ich danke Ihnen, dass Sie sich mit Ihrer Frage an mich wenden. Gern erläutere ich Ihnen, wie sich unser Rentensystem in Deutschland zusammensetzt und sich damit von den vergleichbaren EU-Ländern unterscheidet.
Es ist richtig, dass unsere Nachbarländer bei der Alterssicherung vieles anders machen als wir in Deutschland. Wir schauen uns die Systeme in anderen Ländern auch immer wieder an, weil wir natürlich etwas daraus lernen können. Aber ein einfacher Vergleich von zwei völlig unterschiedlichen Systemen der Alterssicherung ist nicht möglich. Ich möchte das beispielhaft für das oft angesprochene System in Österreich aufzeigen.
Bei den Vergleichen werden oft einzelne Aspekte wie beispielsweise die Höhe der gesetzlichen Rente herausgegriffen. Es muss jedoch immer die spezifische Situation des jeweiligen Landes und das gesamte Konzept der Alterssicherung betrachtet werden.
Bei einem einfachen Vergleich der gesetzlichen Renten in Österreich und Deutschland ist zwar festzustellen, dass in Österreich höhere gesetzliche Renten gezahlt werden. Dabei werden zum Beispiel die Alterssicherungsleistungen aus der deutschen betrieblichen und oder privaten Altersvorsorge jedoch nicht berücksichtigt. Gegenwärtig haben in Deutschland rund 70 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine betriebliche und/oder private zusätzliche Altersvorsorge. Außerdem sind in Österreich höhere Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen. So sind die Rentenversicherungsbeiträge mit 22,8 % in Österreich höher als in Deutschland, selbst wenn man berücksichtigt, dass dort ein höherer Anteil vom Arbeitgeber (Anteil 12,55 %) übernommen wird. Dieser höhere Beitragssatz ist aber für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur tragbar, weil der Beitragssatz zur Krankenversicherung viel niedriger ist als in Deutschland und die Pflegeversicherungsleistungen aus Steuermitteln finanziert werden.
Bei der Alterssicherung geht es auch um die langfristige Tragfähigkeit des Systems insgesamt. Im Gegensatz zu Deutschland ist Österreich nach den Feststellungen der OECD weniger gut auf die einsetzende demografische Entwicklung vorbereitet.
Zusammenfassend kann ich also festhalten, dass die Alterssicherungssysteme in unseren Nachbarländern anders sind als bei uns, aber nicht unbedingt zukunftsfester. Und wir werden unser Alterssicherungssystem mit den Rentenpaketen I und II und den noch ausstehenden Projekten in dieser Legislaturperiode weiter verbessern.
Vorab sei darauf hingewiesen, dass für Fragen zur Anpassung der Beamtenversorgung des Bundes das Bundesministerium des Innern und für Heimat zuständig ist. Zum Vergleich zwischen der Bundesbeamtenversorgung und den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher nur allgemein Stellung genommen werden:
Pensionen haben andere Sicherungsziele als Renten und sind deshalb nicht vergleichbar.
Die gesetzliche Rente erfüllt die Funktion einer Regelsicherung (erste Säule der Altersvorsorge) und wird oftmals von einer betrieblichen Altersversorgung ergänzt (zweite Säule). Die Beamtenversorgung hingegen deckt sowohl die erste als auch die zweite Säule der Altersvorsorge ab (Regel- und Zusatzsicherung). Der Vergleich durchschnittlicher Renten und Pensionen ist daher ein Vergleich von "Äpfeln mit Birnen".
Zudem decken Pensionen regelmäßig das gesamte oder zumindest den überwiegenden Teil eines Erwerbslebens ab. Hingegen umfassen "Durchschnittsrenten" sämtliche - auch kurze - Erwerbsbiographien und alle rentenversicherten Berufsgruppen. In durchschnittlichen Renten sind somit auch "kleine Renten" enthalten, z. B. aufgrund niedriger versicherter Entgelte (z.B. Mini-Jobber) oder Renten, die aufgrund nur weniger Versicherungsjahre (z. B. bei Wechsel in ein anderes Versorgungssystem) gezahlt werden.
Ferner wird oft übersehen, dass Beamtinnen und Beamte durch den Abschluss einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung selbst Vorsorge für den Teil der nicht durch die Beihilfe abgedeckten Krankheitsaufwendungen treffen müssen. Die Beiträge hierfür sind nicht einkommensabhängig, sondern risikobezogen und erreichen daher gerade im Alter oft eine beträchtliche Höhe; dies mindert letztlich die Netto-Versorgungsbezüge.
Schließlich sind Einkommenshöhe und -verläufe im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft zunehmend unterschiedlich, was einen Vergleich der jeweils erworbenen Alterseinkünfte erheblich erschwert. Dies ist Ergebnis der Studie zu Alterseinkünften von vergleichbaren Bundesbeamten und Arbeitnehmern von Univ.-Prof. Dr. Gisela Färber (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer), die vom Bundesministerium des Innern in Auftrag gegeben worden war.
Weitere Informationen zur Beamtenversorgung finden Sie auf der Website des BMI: https://www.bmi.bund.de/DE/themen/oeffentlicher-dienst/beamtinnen-und-beamte/versorgung/versorgung-node.html
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil