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Hubertus Heil
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Frage von Heike F. •

Wann werden Sie endlich den Arbeitsmarkt reformieren, so dass nicht jährlich viele tausend Betriebe schließen müssen?

Sehr geehrter Herr Heil,

unsere Familie hat seit mehreren hundert Jahren Hotelbetriebe in der BRD, aber wir überlegen diese nun zu schließen bzw. umzunutzen. Warum? Unser Personal hat es nicht mehr nötig zu arbeiten da es von Ihnen genug Geld fürs nichts tun bekommt. Und die wenigen Menschen die noch gerne arbeiten gehen würden bekommen dann ihre Sozialleistungen gekürzt.

Wann werden Sie endlich den Arbeitsmarkt reformieren, so dass nicht jährlich viele tausend Betriebe schließen müssen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau F.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr langjähriges Engagement im Hotelgewerbe. Es ist bedauerlich zu hören, dass Sie darüber nachdenken, Ihre Hotelbetriebe zu schließen oder umzunutzen.

Aufgabe des Bürgergeldes ist die Sicherung des vom Grundgesetz garantierten menschenwürdigen Existenzminimums - und zugleich natürlich auch, erwerbsfähige Menschen dauerhaft in qualifizierte Arbeit zu bringen, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Die Höhe des Bürgergeldes - genauer: des Regelbedarfs - richtet sich nach gesetzlich festgelegten Berechnungsgrundlagen. Zentral ist hier die Entwicklung des so genannten „regelbedarfsrelevanten Preisindex“, bei dem z.B. die im Vergleich zur allgemeinen Inflationsrate höher gestiegenen Nahrungsmittelpreise entsprechend stärker ins Gewicht fallen (und entsprechend auch die Höhe des Regelbedarfs beeinflussen).

Zu dem von Ihnen vorgebrachten Hinweis, dass manche Beschäftigte möglicherweise weniger Anreiz verspüren könnten, zu arbeiten, wenn Sozialleistungen eine gewisse Sicherheit bieten, kann ich Ihnen sagen: Arbeit lohnt sich immer! Dies wird auch wissenschaftlich bestätigt, etwa durch ein aktuelles wissenschaftliches Gutachten des ifo Instituts: Trotz der Anhebung der Regelsätze im Bürgergeld besteht weiterhin ein spürbarer Lohnabstand. Auch in dem von der Bundesregierung beauftragten Forschungsvorhaben zu den Erwerbstätigenfreibeträgen wird beschrieben, dass sich die Aufnahme von Arbeit stets lohnt. Zugegebenermaßen kommt es jedoch in Einkommensbereichen über 1.000 Euro im Bürgergeld und insbesondere beim Bezug von Kinderzuschlag und gleichzeitig Wohngeld zu hohen Grenzbelastungen von 90 Prozent und mehr kommt. Dies ist insbesondere in Regionen mit hohen Mieten relevant. Der von den Forschern im Dezember 2023 vorgelegte Reformvorschlag für Änderungen bei den Erwerbstätigenfreibeträgen wirft viele Fragen auf, dazu laufen derzeit Gespräche innerhalb der Bundesregierung.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass es in der Arbeitslosenstatistik keine Anzeichen gibt, die darauf schließen lassen, dass Menschen zugunsten des Bürgergeldbezuges ihre Beschäftigungen beenden.

Dabei muss man wissen: Wer mindestens ein Jahr einen sozialversicherungspflichtigen Job hatte, bekommt im Falle einer Kündigung durch seine*n Arbeitgeber*in Arbeitslosengeld. Und falls jemand selbst seinen Job kündigt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, bekommt er/sie im Arbeitslosengeld erst einmal eine Sperre. Sollte ein Anspruch auf Bürgergeld bestehen, würde dieses gemindert werden.

Die bestehenden Freibetragsregelungen im Bürgergeld stellen zudem sicher, dass auch Personen im Leistungsbezug mit Erwerbseinkommen stets über höheres Einkommen verfügen als ohne Erwerbseinkommen.

Bereits mit Einführung des Bürgergeldes wurden die Freibeträge auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbessert und die Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erhöht. So bleiben auf Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro seit dem 1. Juli 2023 30 Prozent unberücksichtigt, statt wie zuvor nur 20 Prozent. Damit insbesondere junge Menschen bereits die Erfahrung machen, dass Arbeit sich lohnt, wurde zudem für Schülerinnen und Schüler, Studierende, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende der Grundabsetzbetrag von 100 Euro auf die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze angehoben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB

 

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