Sehr geehrter Herr Heil, warum sieht der Gesetzgeber für Pensionäre einen Inflationsausgleich vor, nicht jedoch für Rentner, vormals im öffentlichen Dienst, mit niedrigem Rentenbezug?
Wie kommt es zur Höchstzuwendung von 3000, € für Pensionäre, statt der im Tarifabschluss im TVöD festgelegten 2750,- €?
Ich bitte um eine zeitnahe Auskunft.
Mit freundlichen Grüßen
Marcela N.
Sehr geehrte Frau N.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um eine rein freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Diese kann bis zu einem Betrag von 3.000 Euro nach § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetz steuerfrei (und beitragsfrei) gewährt werden, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise erfolgen. Diese Leistungen können – als Einmalzahlung oder in mehreren Teilbeträgen – individualvertraglich oder auf kollektiver Ebene vereinbart werden. Die individual- oder kollektivvertragliche Vereinbarung einer solchen Inflationsausgleichsprämie ist freiwillig. Sollte ein Arbeitgeber oder ein Arbeitgeberverband sich mit einer Gewerkschaft über entsprechende Zahlungen einigen, ist ein Arbeitgeber hieran - wie auch an alle anderen tarifvertraglichen Inhalte - gebunden. Die tarifrechtliche Bindung ändert jedoch nichts an der Freiwilligkeit der tarifvertraglichen Vereinbarung selbst. Die Steuer- und Abgabenfreiheit würde auch dann gelten, wenn die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie auf einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag beruht.
Die Einmalzahlung soll damit einen Beitrag leisten, dass es nicht zu einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale kommt, die zu einer immer weiter steigenden Inflation führen würde. Von einer Dämpfung der Inflation profitieren auch die Rentnerinnen und Rentner. Die Regelung der Inflationsausgleichsprämie hat zudem einen rein tarifpolitischen Charakter, das heißt, es obliegt den Tarifparteien, in der Regel also Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, zu entscheiden, ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird oder nicht.
Die Zahlung eines Inflationszuschlages zusätzlich zur Rentenanpassung ist hingegen keine Aufgabe für die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung und würde das System überfordern.
Allerdings werden die Renten auf der Grundlage der gesetzlichen Rentenanpassungsformel jährlich zum 1. Juli angepasst. Dabei gilt: Die gesetzliche Rente ist lohn- und beitragsbezogen und folgt daher grundsätzlich den Löhnen. Damit wird sichergestellt, dass die Rentnerinnen und Rentner an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Das bedeutet grundsätzlich auch: Bleibt die Lohnsteigerung hinter der Inflation zurück, ist auch die Rentenanpassung geringer als die Inflation. Auf der anderen Seite ist durch die sogenannte Rentengarantie sichergestellt, dass die Rentenwerte bei sinkenden Löhnen nicht gekürzt werden.
Die Rentenanpassung zum 1. Juli 2023 bleibt mit 4,39 Prozent im Westen und um 5,86 Prozent im Osten zwar aktuell hinter der Inflation zurück, aber auch die Beschäftigten mussten Reallohneinbußen hinnehmen. Dabei muss man bedenken, dass dies nur eine Momentaufnahme ist. Das Prinzip, dass die Renten den Löhnen folgen, hat sich mit Blick auf die Einkommensentwicklung von Rentnerinnen und Rentnern bewährt. Betrachtet man die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts seit 2012, so beträgt der Anstieg im Westen insgesamt 26 Prozent, im Osten sogar 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die Preise nur um 20 Prozent gestiegen. Bei 1.000 Euro Rente lag die Rentenanpassung somit brutto um 63 Euro im Westen und um 198 Euro im Osten über der Inflation in diesem Zeitraum.
Des Weiteren bitte ich zu bedenken, dass die Renten insbesondere durch die Beiträge der Beschäftigten finanziert werden. Wenn die Rentenbeziehenden nicht nur an der Lohnentwicklung teilhaben, sondern darüber hinaus noch einen Inflationsausgleich erhalten würden, müssten die Versicherten die damit verbundenen Mehrausgaben durch höhere Beiträge aufbringen und dadurch noch höhere Reallohneinbußen hinnehmen. Dies würde zu einer zusätzlichen Belastung der Versicherten führen.
Zudem hat die Bundesregierung etwa mit der Energiepreispauschale oder der Strom- und Gaspreisbremse Maßnahmen ergriffen, die auch für Rentnerinnen und Rentner zielgerichtete Entlastungen zur Abmilderung der Preissteigerungen mit sich bringen.
Dennoch werden wir die Entwicklungen sorgfältig beobachten und gegebenenfalls handeln. Uns ist wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger gerecht behandelt werden und dass niemand alleine gelassen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB