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Hubertus Heil
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Frage von Pascal R. •

Sehr geehrter Herr Heil, die aktuellen Zuverdienstgrenzen bei Hartz4 sind sehr gering. Wird die Höhe nach oben angepasst werden ? 5000 Euro pro Jahr könnten doch unkompliziert genehmigt werden, oder?

Sehr geehrter Herr Heil,
ich war Bezieher der Grundsicherung und kenne beide Seiten. Für ein anständiges Leben sind folgende Änderungen beim Bürgergeld erforderlich:

- Höhere Zuverdienstgrenzen: Single(1000), Paare(1300), Familie 1600+, netto und inflationsbereinigt
- Einnahmen >5000 Euro im Jahr sollten einfach unkompliziert genehmigt werden
- Job rotation: Arbeitslose können verschiedene Jobs/Selbstständigkeit eine gewisse Zeit unkompliziert ausprobieren
- Ehrenämter/Pflege Angehöriger bei Bezug vom BG mehr vergüten
- Konzerne/Start-Ups dazu bringen (25%) an Arbeitslosen und Alten zu bevorzugen, diese Gruppe wird bei Bewerbungen oft diskrimiert (Resultat=Depression=Bel.Gesundheitssystem)
- Ein erarbeitestes Schonvermögen, bis 100000 sollte nicht angetastet werden, viele Arbeitslose haben nicht freiwillig gekündigt
- Zeitarbeit abschaffen
- Mehr Beratung und Sicherheit für Freiberufler, Künstler und Selbständige
- Mehr Vergünstigungen bei kulturellen Angeboten für Arbeitssuchende.

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Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind Absetzungs- und Pauschbeträge für Erwerbseinkommen auf die Vorschriften nach §§ 11 ff SGB II in Verbindung mit § 6 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Bürgergeld (Bürgergeld-V) begrenzt.

Damit will der Gesetzgeber die Anreizfunktion zur Erhaltung bzw. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verstärken. Hintergrund dieser Regelung ist: Erzielt jemand Einkommen, so ist er in dieser Höhe nicht hilfebedürftig - und die Geldleistungen nach dem SGB II müssten eigentlich in gleicher Höhe entzogen werden. Ein solches Vorgehen widerspräche jedoch aus individueller Sicht den überwiegenden Gerechtigkeitsvorstellungen, denn Hilfebedürftige mit Erwerbseinkommen würden solange das gleiche verfügbare Einkommen erhalten wie Hilfebedürftige ohne Erwerbsbeteiligung, bis das zu berücksichtigende Nettoeinkommen zur vollständigen Deckung des Lebensunterhalts der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft ausreichen würde. Somit wäre weder ein Anreiz zu einer Beschäftigungsaufnahme (sogenannte Arbeitslosigkeitsfalle) noch im unteren Lohnbereich ein Anreiz zur Ausdehnung der Erwerbsbeteiligung in Richtung Existenz sicherndes Einkommen gegeben (sogenannte Niedriglohnfalle). Zum anderen wäre auch aus Sicht der Gemeinschaft ein falsches Signal an die Bezieher von Grundsicherungsleistungen gegeben, weil Arbeit nicht hinreichend lohnend wäre.

Allerdings steht die Höhe der einzuräumenden Freibeträge stets damit in einem Spannungsverhältnis, dass mit steigenden Freibeträgen auch die - von Größe und Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft abhängigen - jeweiligen Bedürftigkeitsschwellen umso höher liegen. D.h. es würde ein größerer Kreis von Erwerbstätigen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende anspruchsberechtigt werden und die fiskalischen Aufwendungen für die Fürsorgeleistungen würden somit steigen. Nicht zuletzt stellen allzu hohe Freibeträge in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die Grundidee in Frage, dass Haushalte mit hinreichender Erwerbsbeteiligung eigentlich nicht von einer nachrangigen Fürsorgeleistung, sondern allenfalls von vorrangigen Sozialtransfers abhängig sein sollten, die ihrer spezifischen Bedarfslage (Wohnkosten, Familienlasten) besser entsprechen können.

Eine gerechte Regelung zu finden, die zum einen die Allgemeinheit finanziell entlastet und die gleichzeitig einen Anreiz zur Arbeitsaufnahme und zum Aufrechterhalten von nicht vollständig Existenz sichernder Beschäftigung für den Bezieher von Leistungen bietet, ist letztlich nur in der Abwägung der oben skizzierten Erwägungen zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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