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Hubertus Heil
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Frage von Jane M. •

Sehr geehrter Herr Heil, bald sollen die Regelungen im Arbeitszeitgesetz reformiert haben. Wird es Ausnahmen für Gutverdienende geben, obwohl auch diese einen Gesundheitsschutz bedürfen?

In vielen Bereichen sei es Gesundheit, Justiz, Wirtschaft werden Arbeitnehmenden tagtäglich dazu getrieben über die Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. Sehenden Auges wird gegen das bereits geltende Arbeitszeitgesetz verstoßen - ohne, dass Arbeitgeber hierfür zu Rechenschaft gezogen werden. Folgen sind Burnout und Depressionen. Wenn Mitarbeitenden Ihre wahrhaftige Arbeitszeit aufschreiben würden, würde endlich schwarz auf weiß stehen, dass Mitarbeitende beispielsweise in der Wirtschaft teilweise 20h am Tag arbeiten - ohne Ausgleichstage zur Erholung.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 13. September 2022 verbindlich entschieden, dass auch in Deutschland die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.

Dabei bezieht sich das BAG auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019, welches die Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie betraf. Nach der BAG-Entscheidung ist das Urteil des EuGH aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes bereits heute von den Arbeitgebern in Deutschland zu beachten.

Die Pflicht zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung beschränkt sich nicht darauf, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein solches System zur freigestellten Nutzung zur Verfügung stellt. Vielmehr ist der Arbeitgeber verpflichtet, von dem System tatsächlich Gebrauch zu machen.

Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation sind noch nicht getroffen worden. Aber: Um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten wirksam gewährleisten zu können, muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerin bzw. jedes Arbeitnehmers aufzeichnen.

Um Rechtssicherheit zur Frage des „Wie“ der Aufzeichnungspflicht zu schaffen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im April 2023 einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz erstellt, der derzeit noch regierungsintern beraten wird.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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