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Hubertus Heil
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Frage von Stefan L. •

Haushaltskonsolidierung

Sehr geehrter Herr Heil,

ich habe zwei Fragen zu den Beschlüssen der Haushaltskonsolidierung. Zum einen sagen Energieexperten dass die Preise bei der Fernwärme im nächsten Jahr explodieren. Was gedenkt die SPD zu tun um Rentner und kleine Einkommen vor dieser Kostenfalle zu schütze?. Explodierende Preise bei der Fernwärme können wir uns als Rentner nicht leisten, das kann das Budget nicht mehr verkraften. Zum zweiten wurde gestern in den Nachrichten gesagt, dass die volle Rentenerhöhung nächstes Jahr in Gefahr sind, da der Zuschuß für die Rentenkasse gekürzt wird. Meiner Meinung nach wäre dies ein Konjunkturprogramm für die AFD. Da nächstes Jahr drei Landtagswahlen im Osten stattfinden, bergen diese Punkte eine immense sozialpolitische Sprengkraft. Führende Ökonomen sagen ja jetzt schon, dass die Einigung zur Konsoldierung nur einige Verlierer kennt (Rentner und niedrige Einkommen). Bedenken sie bitte, dass dadurch die Schere zwischen Arm und Reich noch steigt.

MfG

S. L.

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Sehr geehrter Herr L.

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das System der gesetzlichen Rentenversicherung beruht auf dem Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit. Die Höhe einer Rente richtet sich daher vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Die gesetzliche Rente ist somit eine Versicherungsleistung, die weder bedarfsorientiert noch bedürftigkeitsabhängig ist. Diesem Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit folgt auch die jährliche Anpassung der Renten, die grundsätzlich der Lohnentwicklung folgt. Die Preisentwicklung wird bei der Rentenanpassung dagegen nicht berücksichtigt.

Im Hinblick auf die Kürzung des Bundeszuschusses zur allgemeinen Rentenversicherung und hieraus bedingte Befürchtungen zu Auswirkungen auf die Rentenanpassung 2024 kann Folgendes mitgeteilt werden:

Unser Land steht vor andauernden Herausforderungen und muss sich diesen stellen. Daraus folgen auch unbequeme Entscheidungen bzw. Kompromisse, welche aber zur Stabilisierung und finanziellen Tragfähigkeit des Bundeshaushalts erforderlich waren. So war dies vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im November 2023 zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021 nötig.

Im Zuge der Haushaltsaufstellung für 2024 wurde daher unter anderem eine weitere Minderung des Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung um jeweils 600 Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2027 vorgesehen. Die vereinbarte weitere Kürzung des Bundeszuschusses wird – zusammen mit der bereits im Jahr 2023 beschlossenen Kürzung für die Jahre 2024 - 2027 um ebenfalls jeweils 600 Mio. Euro – mit einer Minderung des Erhöhungsbetrags zum zusätzlichen Bundeszuschuss in den Jahren 2024 bis 2027 in Höhe von insgesamt jeweils 1,2 Mrd. Euro umgesetzt.

Die finanzielle Stabilität der Rentenversicherung ist durch die o.g. Minderung des Bundes-zuschusses nicht beeinträchtigt. Eine kurz- oder mittelfristige Auswirkung auf die Beitragssatzentwicklung (bis 2027) resultiert nach aktueller Einschätzung hieraus nicht.

Insbesondere wird die Kürzung des Bundeszuschusses die nächsten Rentenanpassungen nicht beeinflussen, weil sich die Rentenanpassung nicht nach der Höhe des Bundeszuschusses oder nach der Rücklagenhöhe der Rentenversicherung richtet. Die Rentenanpassung ist gesetzlich geregelt und bestimmt sich im Wesentlichen nach der Lohnentwicklung.

Außerdem hatten Sie eine Frage zur Preisentwicklung in der Fernwärme und eventuelle Entlastungsmaßnahmen. 

In Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) passen Wärmeversorgungsunternehmen ihre Preise im Rahmen von Preisänderungsklauseln an die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme sowie an die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt an. Dabei orientieren sie sich oft an Preisindizes für Gas. Im Regelfall führt die Ermittlung der Indizes und deren Übernahme für Wärmepreisänderungen systembedingt zu einer Verzögerung der Weitergabe steigender oder sinkender Gaspreise für den Wärmesektor von bis zu einem Jahr. Dementsprechend sind die Wärmepreise seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine in der Regel erst nach und nach gestiegen und sinken nun im Zuge fallender Gaspreise ebenfalls mit zeitlicher Verzögerung.

Die Preisentwicklung steht also nicht im Zusammenhang mit den Beschlüssen zur Haushaltskonsolidierung, sondern ist vor allem das Ergebnis der Preissteigerung für Erdgas im Zug des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Gleichzeitig ist eine erhebliche Spreizung der Wärmepreise einzelner Versorger sichtbar, die Preiserhöhungen schwanken also je nach Versorger erheblich.

Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Wettbewerbsverfälschungen bei der Preisbildung unterliegen Fernwärmepreise der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht. Mit der Änderung von § 29 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat der Gesetzgeber in dieser Legislaturperiode die Kompetenzen der Kartellbehörden zur kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Fernwärmeunternehmen ausgeweitet. Diese Gesetzesänderung beginnt nun Früchte zu tragen. Derzeit laufen entsprechende Verfahren des Bundeskartellamtes gegen sechs Wärmeversorgungsunternehmen.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Sammelklage in Form einer kollektiven Leistungsklage gegen Preiserhöhungen der Fernwärmeversorger. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat bereits entsprechende Sammelklagen gegen Preiserhöhungen der E.ON und Hansewerk Natur eingereicht.

Das BMWK plant derzeit eine Novelle der AVBFernwärmeV. Im Rahmen der Novelle strebt das BMWK insgesamt für Kunden und Versorger attraktive Rahmenbedingungen für eine günstige Versorgung der Verbraucher*innen mit Fernwärme an. Die vorgesehene Novellierung der AVBFernwärmeV betrifft u.a. Verfahrensregelungen, die Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und die Anpassung der Regeln zur Leistungsanpassung. Nach Durchführung der Anhörung der Länder und Verbände hat das BMWK einen ersten Entwurf zur AVB-FernwärmeV überarbeitet und prüft derzeit noch weitere Anpassungen ebenso wie den Zeitplan für die Novelle.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB

 

 

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