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Hubertus Heil
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Frage von Uwe K. •

Greift der Staat mit dem Mindestlohn nicht in die von Ihnen erwähnten Lohnbestimmungen ein?

Automatismus bei den Abgeordneten, einsamer Kampf jedes Einzelnen im Nichttarifgebiet, vor allem ältere Arbeitnehmer auf der Verliererseite, ist es das was Sie wollen? Warum ist bei uns nicht möglich, was bei unseren westlichen Nachbarn möglich ist? Sagt das Grundgesetz nicht, das sich die Lebensverhältnisse angleichen und nicht wie jetzt immer weiter auseinander gehen sollen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Festlegung von Löhnen und Gehältern sowie weiteren Arbeitsbedingungen obliegt in der Bundesrepublik Deutschland in erster Linie den Arbeitgebern sowie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beziehungsweise - auf kollektiver Ebene - den Tarifvertragsparteien, also Sozialpartnern (Arbeitgebern/Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften). Dies folgt aus dem Grundsatz der Privatautonomie nach Artikel 2 Grundgesetz (GG) beziehungsweise - soweit Entgelte durch die Tarifvertragsparteien festgelegt werden - aus dem Grundsatz der Tarifautonomie (Artikel 9 Absatz 3 GG). Artikel 9 Absatz 3 GG schützt entgegen seinem Wortlaut jedoch nicht nur das Recht des Einzelnen, einer Koalition und damit einer Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberkoalition beizutreten (positive Koalitionsfreiheit), sondern auch die Freiheit des Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben (negative Koalitionsfreiheit).

In das System der Lohnfindung durch die Sozialpartner greift der Staat grundsätzlich nicht ein. Zwar kann auch der Staat zwingende Arbeitnehmerschutzvorschriften durch Gesetz regeln, jedoch beschränken sich solche Arbeitnehmerschutzvorschriften - jedenfalls im Bereich der Entgeltfestsetzung - mit Blick auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (der Tarifvertragsparteien) und auch die allgemeine Vertragsfreiheit (auf einzelvertraglicher Ebene) grundsätzlich auf Maßnahmen zur Sicherung von Mindeststandards. Die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 stellt so eine Maßnahme dar. Aufgabe von Mindestlöhnen ist es nicht, in allen Bereichen für angemessene Löhne zu sorgen. Es sind also auch weiterhin in erster Linie die sachnahen Tarifpartner dazu aufgerufen, ein angemessenes Gehaltsgefüge zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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