Einmalzahlungen bei Tarifverhandlungen
Sehr geehrter Herr Heil,
was halten Sie von den Abgabenfreien Einmalzahlungen bei den Tarifverhandlungen. Warum gibt es sowas nicht bei Rentnerinnen und Rentnern? Eine Rentenerhöhung von 4,8% für 2Jahre wird als sehrgut verkauft.
Vielleicht setzen sie sich dieses Jahr wirklich für eine angemessene und Steuerfreie Erhöhung ein. Wenn man nur immer die kleinen Renten und das Bürgergeld erhöht... sind die anderen bald eingeholt.
Bin 2017 nach 46 Jahren in Rente gegangen.
Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner S.
Sehr geehrter Herr S.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Auch wenn die Regelung zur sogenannten Inflationsausgleichsprämie in die Zuständigkeit des Bundesministeriums der Finanzen fällt, möchte ich dazu zunächst Folgendes anmerken:
Der Gesetzgeber hat allen Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet, ihren Beschäftigten im Zeitraum vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 eine steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von insgesamt bis zu 3.000 Euro zu gewähren (§ 3 Nr. 11 c Einkommensteuergesetz (EStG)). Die Inflationsausgleichsprämie ist im Zusammenhang mit der Preissteigerung eine zeitlich beschränkte freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die dieser zusätzlich zum Arbeitslohn gewähren kann und die gegebenenfalls tarifvertraglich verankert ist. Die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie ist kein gesetzlicher Anspruch.
Die Motivation für die Schaffung dieser steuer- und abgabenfreien Einmalzahlung ist der Gedanke, dass die ohnehin durch die Energiepreisentwicklung getriebene Inflation durch hohe Lohnentwicklungen nicht noch mehr gesteigert werden soll. Die Einmalzahlung soll damit einen Beitrag leisten, dass es nicht zu einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale kommt, die zu einer immer weiter steigenden Inflation führen würde. Von einer Dämpfung der Inflation profitieren dann auch die Rentnerinnen und Rentner.
Für Rentnerinnen und Rentner ist zusätzlich zur regulären Rentenanpassung eine weitere Zahlung nicht vorgesehen. Die jährliche Rentenanpassung orientiert sich entsprechend dem Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich an der Lohnentwicklung der Beschäftigten.
Die lohnorientierte Anpassung der Renten ist bereits seit dem Jahr 1957 ein elementarer Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Ziel dieser Anpassungsmethodik war und ist es, in guten wie in weniger guten Jahren sicherzustellen, dass die Rentnerinnen und Rentner an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben.
Es trifft zwar zu, dass die Rentenanpassung zum 1. Juli 2023 mit 4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten hinter der Inflation zurückblieb, aber dies war nur eine Momentaufnahme. Die diesjährige Rentenanpassung mit 4,57 Prozent liegt deutlich über der aktuellen Inflation (laut Statistischem Bundesamt + 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, Stand März 2024). Zudem liegt die Rentenanpassung mit 4,57 Prozent im dritten Jahr in Folge oberhalb von 4 Prozent. Der starke Arbeitsmarkt und gute Lohnabschlüsse machen das möglich.
Festzuhalten bleibt, dass langfristig betrachtet eine Anbindung der Renten an die Löhne für die Rentenempfänger deutlich günstiger ist als eine Preisindexierung der Renten (Ausrichtung der Rentenanpassungssätze an den Preissteigerungsraten). Die Nettostandardrente – also die Bruttorente eines Durchschnittsverdieners mit 45 Arbeitsjahren, vermindert um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung – hat sich von 1957 bis 2023 real – also nach Abzug der Preissteigerungen – mehr als verdoppelt (Anstieg auf das 2,13-fache). Bei einer Preisindexierung wäre die Nettostandardrente dagegen real auf dem Stand von 1957 geblieben. Dieser Vergleich macht deutlich, welch hohe Bedeutung für alle Rentnerinnen und Rentner die Lohnbezogenheit der Rente hat.
Zudem sollte bei Diskussionen um eine Inflationsausgleichsprämie für Rentenbeziehende bedacht werden, dass die Renten insbesondere durch die Beiträge der Beschäftigten finanziert werden. Vereinfacht ausgedrückt gilt: Steigen die Löhne, steigen für sich genommen auch die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung, sodass eine Rentenanpassung, die der Lohnentwicklung folgt, finanziert werden kann. Für eine über die Lohnentwicklung hinausgehende Erhöhung der Renten – wie zum Beispiel eine Inflationsausgleichsprämie für Rentnerinnen und Rentner – müssten die Beschäftigten hingegen mehr Beiträge zur Finanzierung aufbringen und dadurch noch höhere Reallohneinbußen hinnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB