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Hubertus Heil
SPD
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Frage von Markus W. •

Frage an Hubertus Heil von Markus W. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Heil,

wie stehen Sie zu der Aktuellen Sicherheitsdebatte?

Stichworte: BKA-Gesetz und Vorratsdatenspeicherung.

Warum werden Gesetze durch gewunken, die anschließend wieder vom Bundes Verfassungsgericht kassiert werden müssen?
Ist es nicht Aufgabe der Abgeordneten, nach dem eigenen Gewissen und im Sinne des Volkes zu entscheiden?

Man gewinnt den Eindruck als ob die Grenzen, des machbaren ausgelotet werden und das anschließend in weiteren Anläufen, die Grenze weiter verschoben werden soll.

Daher interessiert mich auch wie mein M.d.B. zu dem Thema steht und wie er deshalb bei solchen Gesetzen abstimmt.

Diese Thema ist sehr komplex und ich würde mich über einen persönlichen Termin in Ihrem Heimatkreis freuen.

In freudiger Erwartung Ihrer Antwort und mit freundlichen Grüssen

Markus Werner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Werner,

vielen Dank für Ihre Frage an mich über abgeordnetenwatch.de, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.

Mit dem am 12. November 2008 in 2./3. Lesung beschlossenen Gesetzentwurf zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG) wird die Möglichkeit eröffnet, dem BKA operative Kompetenzen zur Abwehr des internationalen Terrorismus einzuräumen. Bislang war das BKA nur für die Strafverfolgung zuständig. Operative Maßnahmen zur Gefahrenabwehr waren nur auf Länderebene möglich. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Instrumente orientieren sich weitgehend an bestehenden Regelungsvorbildern aus dem Bundespolizeigesetz und den Polizeigesetzen der Länder.

Die Entscheidung, dem Bundeskriminalamt in bestimmten Fällen im Bereich des internationalen Terrorismus die Kompetenz für die Gefahrenabwehr einzuräumen, wurde im Rahmen der Föderalismusreform I getroffen. Sie wurde im Interesse der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes umgesetzt. Insgesamt sind wir auch beim BKA-Gesetz "unserer Linie" der Sicherheitspolitik mit Augenmaß treu geblieben. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit bleibt gewahrt.

Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus wird auch in Zukunft eine der zentralen Herausforderungen unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates sein. Das gesamte zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus notwendige polizeiliche Instrumentarium haben wir in diesem Gesetz abgebildet. Dieses umfasst bekannte und bewährte polizeiliche Standardbefugnisse, wie die Vorladung und die erkennungsdienstlichen Maßnahmen. In den Polizeigesetzen der Länder sind diese Maßnahmen seit Jahrzehnten festgeschrieben.

Die einzige neue Befugnis des BKA-Gesetzes ist die sogenannte "Online-Durchsuchung". Und diese Befugnis ist kriminalistisch notwendig und verfassungsrechtlich in engen Grenzen erlaubt. Wenn ein terroristischer Anschlag über das Internet geplant oder koordiniert wird, reichen die herkömmlichen Instrumente nicht aus. Die Polizei muss terroristische Kommunikation überwachen, um den internationalen Terrorismus effektiv bekämpfen zu können. Es ist deshalb unsere Pflicht, Sicherheitsbehörden technisch in die Lage zu versetzen, adäquat auf die veränderte Bedrohungslage reagieren zu können, genauso wie wir es als unsere Pflicht ansehen, dies so grundrechtsschonend wie möglich zu tun.

Seit dem ersten Entwurf aus dem Innenministerium und dem beschlossen Gesetz ist viel passiert. Im Gegenteil: Wir sind keinem inhaltlichen Streit mit dem Koalitionspartner aus dem Wege gegangen. Und deshalb trägt das BKA-Gesetz die deutliche Handschrift der SPD. Wir haben die rechtstaatlich einwandfreie Qualität des Gesetzes maßgeblich beeinflusst. Am klarsten wird dies bei der Online-Durchsuchung. Unsere Regelung genügt den hohen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an die Durchführung der Online-Durchsuchung gestellt hat. Danach kann dieses Instrument nur unter sehr hohen Hürden durch den Richter angeordnet werden. Auch der Eilfall, der im Gesetz vorgesehen ist, kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Richter tatsächlich nicht erreichbar ist. Ein solcher Fall darf auch nur dann angenommen werden, wenn selbst ein effizienter Richter-Notdienst keine Abhilfe schaffen kann. Wir werden darauf drängen, dass Bereitschaftsdienste an allen BKA-Standorten vorhanden sind. Dies ist im Übrigen auch verfassungsrechtlich geboten.

Die SPD hat erfolgreich für die Evaluierung und die Befristung insbesondere dieser neuen Maßnahme gekämpft. Bisher haben wir keine Erfahrungen mit der Durchführung von Online-Durchsuchungen bzw. deren praktische Auswirkungen. Nun muss ein unabhängiger Sachverständiger, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt wird, diese Maßnahme begutachten. In Verbindung mit der Befristung der Maßnahme haben wir so die effektiven Voraussetzungen für Korrekturmöglichkeiten des Gesetzgebers geschaffen. Eine Befristung nach acht Jahren wäre angemessen gewesen, war jedoch nicht durchsetzbar. Eine Befristung von zwölf Jahren ist besser als keine.

Die Privat- und Intimsphäre (vom Bundesverfassungsgericht als Kernbereich privater Lebensgestaltung bezeichnet) der von einer Online-Durchsuchung erfassten Personen wird wirksam geschützt. Hierüber wacht der unabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamts. Bei der Auswertung der Kernbereichsinhalte wird er von zwei Beamten des Bundeskriminalamts unterstützt. In Zweifelsfällen sind die Daten zu löschen oder zur Entscheidung, ob der Kernbereich betroffen ist, einem Richter vorzulegen. Dieser gesamte Prozess muss dokumentiert werden. So hat auch der Bundesdatenschutzbeauftragte die Möglichkeit, den Vorgang zu kontrollieren. Peter Schaar hat sich zu dieser Regelung im Innenausschuss bereits positiv geäußert.

Die bisherige Arbeit des BKA im repressiven Bereich zeigt, dass es auch mit seinen neuen Präventivkompetenzen, insbesondere denen die schwerere Grundrechtseingriffe nach sich ziehen, verantwortungsvoll umgehen wird. In den letzten zehn Jahren hat das BKA ganze zwei Rasterfahndungen durchgeführt. Von 2001 bis zum zweiten Quartal 2007 gab es nur sieben Wohnraumüberwachungen, also im Schnitt eine Wohnraumüberwachung pro Jahr! Von dem Instrument der Online-Durchsuchung, so BKA-Präsident Zierke, werde nur restriktiv Gebrauch gemacht werden. Die Maßnahme sei sehr komplex und aufwendig im Hinblick auf Personal-, Zeit-, und Kosteneinsatz. Es ist also zu erwarten, dass das BKA auch von seinen präventiven heimlichen Ermittlungsbefugnissen nur maßvoll Gebrauch machen wird.

Nach dem Scheitern des Gesetzes im Bundesrat durch Enthaltungen einiger Landesregierungen konnte aber vor Weihnachten noch eine Einigung erreicht werden. Die Bundesregierung rief wegen der Ablehnung ihres ersten Entwurfs den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat an, um das Gesetzgebungsverfahren wieder in Gang zu bringen. Durch den Kompromiss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe besteht nun die Chance, dass das Gesetz wie geplant Anfang kommenden Jahres in Kraft treten könnte. Das Bundeskriminalamt soll demnach künftig nur mit richterlicher Genehmigung private Computer ausspähen können. Außerdem solle ein Richter entscheiden, welche Daten zum "unmittelbaren Kernbereich privater Lebensführung" gehörten und deshalb nicht ausgewertet werden dürften. Das BKA wird nur dann tätig, wenn es um die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus geht. Die Novelle beinhaltet neben der Online-Durchsuchung auch Telefonüberwachung, Rasterfahndung bereits zur Gefahrenabwehr und das Abhören oder Filmen von Verdächtigen in Wohnungen.

Bitte teilen Sie mir Ihre Kontaktdaten an hubertus.heil@wk2.bundestag.de mit, damit meine Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro in Gifhorn den von Ihnen angefragten Termin absprechen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil, MdB

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