Frage an Hubertus Heil von Steffens S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Heil,
das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem Urteil vom 21.06.2005 festgestellt, dass die BRD einen völkerrechtswidrigen Krieg unterstützt hat. (Quelle: www.bundesverwaltungsgericht.de ) (Fall Major Pfaff)
Hier ist zu lesen: "Weder der NATO-Vertrag sehen eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland vor, entgegen der UN-Charta und dem geltenden Völkerrecht völkerrechtswidrige Handlungen von NATO-Partnern zu unterstützen."
Die BRD hat den USA im Rahmen eines völkerrechtswidrigen Krieges (letzter Irak Krieg) Unterstützungsleistungen gewährt. Es wurden im Zusammenhang mit dem Irak Krieg Überflugrechte gewährt, US-Kasernen von Bundeswehrsoldaten bewacht und logistische Unterstützung geleistet. Das der Irak Krieg in einem klaren Gegensatz zu dem Völkerrecht (Ohne UN-Beschluss) steht, muss hier ja nicht weiter ausgeführt werden.
Nach dem deutschen Gesetzen ist aber nur die ! Vorbereitung ! eines völkerrechtswidrigen Krieges unter Strafe zu stellen.
Die Unterstützung und sogar die Durchführung eines solchen Krieges bleibt straffrei!!
Meiner Meinung nach reicht es daher offensichtlich nicht aus, ausschließlich die Vorbereitung eines Krieges unter Strafe zu stellen.
1) Warum fordert die SPD als Friedenspartei nicht eine Änderung der Gesetze in Bezug auf die Strafbarkeit von Unterstützungsleistungen von völkerrechtswidrigen Kriegen und auf die Durchführung eines völkerrechtswidrigen Krieges?
2) Was würde mit den Politikern geschehen, welche die Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Krieges beschlossen haben, wenn auch die Durchführung und Unterstützung eines solchen Krieges in Deutschland unter Strafe stehen würde?
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Steffens
Sehr geehrter Herr Steffens,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.
Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. In Ihrem Schreiben haben Sie auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Fall des Major Florian Pfaff vom 21. Juni 2005 hingewiesen. Bei dem Urteil ist zu beachten, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, dass es sich beim Irak-Krieg um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handelte oder die Unterstützungsleistungen der Bundesrepublik völkerrechtswidrig waren. Allerdings ist es richtig, dass das Bundesverwaltungsgericht Bedenken geäußert hat (siehe auch 5c der Zusammenfassung des Urteils oder ausführlicher unter 4.1.4.1.4 im Urteil selbst http://www.bundesverwaltungsgericht.de/media/archive/3059.pdf ).
Auch in anderen Zusammenhängen wurde und wird immer wieder die Frage der Nutzung von Militärbasen, der Gewährung von Überflugrechten, des Schutzes alliierter Einrichtungen und der Transitrechte ausländischer Truppen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Irak-Krieges in die Diskussion geworfen.
Die SPD-geführte Bundesregierung hatte den Irak-Krieg und eine deutsche Beteiligung daran abgelehnt und dies auf vielfältige Art und Weise innerhalb der EU, der NATO und des UN-Sicherheitsrats zum Ausdruck gebracht. Unser Ziel war es, die tatsächliche und vollständige Abrüstung des Irak gemäß den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats auf friedlichem Wege zu erreichen. Trotz aller Bemühungen waren wir letztendlich leider nicht erfolgreich.
Bei den Entscheidungen über weitergehende Maßnahmen wurden damals auch langfristige strategische Interessen Deutschlands berücksichtigt. Deutschland und die Vereinigten Staaten verbinden unabhängig vom damaligen Dissens in der Irak-Frage sehr enge politische, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen. Eine Entscheidung dahingehend, den USA die Nutzung ihrer Basen und die Überflugrechte zu untersagen und ihre Bewegungsfreiheit auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland einzuschränken, wäre eine rein deklaratorische Entscheidung gewesen. Sie hätte das transatlantische Verhältnis auf lange Sicht schwer beschädigt und damit auch unseren eigenen Interessen dauerhaft Schaden zugefügt. Einen Irak-Krieg hätte eine solche Entscheidung nicht verhindert.
Insofern müssen solche Fragen auch politisch beantwortet werden. Die Bemühungen im Vorfeld, Kriege noch abzuwenden, wie dies beim Irak-Krieg auch geschehen ist, sind und bleiben unser Hauptaugenmerk. Wir bauen auf eine neue Entspannungspolitik, die Konflikte verhindert und Frieden schafft. Wir setzen dabei auf Kooperation statt Konfrontation, Vertrauen statt Isolation und Dialog statt Sprachlosigkeit.
Bei den von Ihnen darüber hinaus aufgeworfenen Fragen möchte ich Sie auf die Präambel, Artikel 1, Absatz 2 und Artikel 24 bis 26 des Grundgesetzes hinweisen. Darin wird der hohe Rang, den Deutschland der Förderung des Friedens in der Welt einräumt, betont. Das Prinzip des friedlichen Zusammenlebens der Völker hat somit Verfassungsrang, dem keine Entscheidung des Bundestags entgegenstehen darf.
Wenn die Bundesregierung einen bewaffneten Einsatz der Bundeswehr beantragt, wird dieser sowie Art und Ausmaß in jedem Einzelfall vom Bundestag politisch diskutiert und abschließend darüber abgestimmt. Wie vom Bundesverfassungsgericht empfohlen, wurde in dieser Legislaturperiode das Parlamentsbeteiligungsgesetz verabschiedet, das die parlamentarische Mitwirkung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr näher ausgestaltet. Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen einer grundsätzlich vorherigen und konstitutiven Zustimmung des Bundestags wurden nicht geändert.
Die fraktionsübergreifenden und breiten Mehrheiten bei Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr in den letzten Jahren machen den sorgsamen und auf Konsens bauenden Umgang mit bewaffneten Einsätzen deutscher Soldaten im Ausland deutlich.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil