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Hubertus Heil
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Frage von Klaus-Dieter O. •

Frage an Hubertus Heil von Klaus-Dieter O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum gibt es in Deutschland in den letzten Jahren keine Bürgerentscheide mehr bei gravierenden politischen Entscheidungen wie z.B. Beitritt zur EU, Einführung des Euro, EU-Erweiterung usw.?

(Ich fühle mich als Bürger total entmündigt )

Hat die Bundesregierung Angst vor der Meinung des Volkes?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Ohl,

vielen Dank für Ihre Frage an mich auf abgeordnetenwatch.de, die ich Ihnen gerne beantworten möchte.

Dem politischen System der Bundesrepublik liegt der Grundsatz der repräsentativen Demokratie zugrunde. Das bedeutet, dass die (gewählten, also demokratisch legitimierten) Bundestagsabgeordneten die Bürgerinnen und Bürger vertreten. Volksentscheide sind auf der Ebene des Bundes im Grundgesetz nicht vorgesehen. Artikel 29 Absatz 2 Grundgesetz sieht Volksentscheide ausnahmsweise für den Fall der Neugliederung der Bundesländer vor.

In der repräsentativen Demokratie beauftragen die Bürgerinnen und Bürger ihre Abgeordneten, sich in diese komplexen Themen einzuarbeiten und in ihrem Sinne zu entscheiden. Es ist deshalb richtig, dass die Bundestagsabgeordneten über komplexe internationale Verträge und Bundesgesetze entscheiden, denn dies gehört zu ihrer Aufgabe. Sie sind die Experten, die das erforderliche Fachwissen haben, um Entscheidungen über Verträge und Gesetze zu treffen.

Bürgerbegehren und auch Bürgerentscheide (oder Volksentscheide) sind wünschenswert, wenn es um Belange geht, die die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betreffen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, die Bevölkerung zu fragen, ob und in welcher Form die Stadtentwicklung verwirklicht werden soll. Ich halte es auch für sinnvoll, dass auf Bundesebene, ähnlich wie es der Vertrag von Lissabon für die EU-Ebene bereits vorsieht, die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eingeführt wird. Dadurch könnte dann eine gewisse Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern eine Gesetzesinitiative einbringen. Der Bundestag hätte sich dann mit diesem Thema zu befassen.

Eine Änderung des Grundgesetzes ist nur mit der erforderlichen Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages möglich. Die hierfür erforderliche Mehrheit ist im Augenblick nicht gegeben, da sich vor allem die Abgeordneten von CDU/CSU gegen eine entsprechende Grundgesetzänderung aussprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil, MdB

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