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Hubertus Heil
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Frage von Roman B. •

Frage an Hubertus Heil von Roman B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Heil,

aufgrund der Tatsache, dass Herr Steinbrück auf dieser Plattform nicht zu
erreichen ist, wende ich mich mit diesem Anliegen an Sie als
Generalsekretär der SPD.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert die
steuerliche Absetzbarkeit / Berücksichtigung von Krankenkassenbeiträgen
bis 2010 entsprechend zu Berücksichtigen.
Ich denke mal der Hintergrund war die Ungleichbehandlung von
Privatversicherten deren KK- Beiträge ja vom quasi zu versteuerten
Einkommen genommen werden. Diese Beiträge sind reine "Vorsorgebeiträge"
die bei mir mit ca. 15T? (Inkl. 3 Kinder) jährlich von meinem Einkommen
(welches ja zu versteuern ist) schon mal entfallen.
Konkret geht es mir hier jetzt um eine Aussage des Herrn Steinbrück vom
14.07.08 "Besserverdienende" stärker zu belasten. Laut Presse bedeutet
hier Besserverdienende (ab 60T?/Jahr).
Ist das eine Wunschvorstellung (Private Meinung) des Herrn Steinbrück oder
ist das hier der erste Vorstoß der SPD als Regierungspartei in diese
Richtung?

Wie ist Ihre Meinung zur Mehr /Weiterbelastung der noch vorhandenen Mittelschicht bzw. Familien in diesem Lande?

Mir freundlichen Grüßen

R. Baumgaertner

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Sehr geehrter Herr Baumgaertner,

vielen Dank für Ihre Anfrage an mich auf www.abgeordnetenwatch.de , auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht, wonach die Regelungen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen überarbeitet werden müssen, gab es eine entsprechende Reaktion des Bundesfinanzministers. Die Betroffenen sind zu allererst Privatversicherte. Das Bundesfinanzministerium mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück an der Spitze will allerdings auch für gesetzlich Versicherte in Zukunft bessere Voraussetzungen schaffen, Krankenversicherungsbeiträge in höherem Maße als heute von der Steuer abzusetzen. Diese Umsetzung des Karlsruher Urteils wird, so sie 2010 zum Gesetz wird, den Bund mit bis zu sechs Milliarden EUR jährlich belasten. Geld, das für notwendige Investitionen z. B. in Hochschulen und Bildung fehlen wird, wenn nicht für eine zumindest teilweise Gegenfinanzierung gesorgt ist.

Dieses soll nicht darauf aufbauen, dass untere und mittlere Einkommensschichten durch steuerlichen Subventionsabbau stärker belastet werden. Auch Menschen mit durchschnittlichem Einkommen sollen von den geplanten Entlastungen profitieren können. Starke Schultern tragen mehr der Gegenfinanzierung, weil sie auch mehr tragen können -- nach diesem Grundsatz funktioniert die gerechte Verteilung der Steuerlast. Daher soll geprüft werden, welche Instrumente zur Verfügung stehen und wo Handlungsspielräume bestehen, um eine gerechte Finanzierung zu gewährleisten. Dies führt dazu, dass die Entlastung im Bereich der höheren Einkommensbezieher, die nicht näher definiert sind, kleiner ausfällt, während sie bei den unteren und mittleren Einkommen wenn möglich nicht von der Gegenfinanzierung betroffen werden soll.

Eine Alternative dazu gibt es nach Aussagen des Ministeriums nicht. Wenn Geld für die Abzugsfähigkeit der Krankenkassenbeiträge bereitgestellt werden muss, dürfe nicht auf der anderen Seite das wichtigste Ziel aus den Augen verloren werden: Das Ende der Neuverschuldung und der kontinuierliche Abbau des Schuldenbergs. Zusätzliche Belastungen müssen gerecht gegenfinanziert werden, um auch weiter verantwortungsvoll mit unserer und der Zukunft unserer Nachkommen umzugehen. Nur so kann unsere erfolgreiche Doppelstrategie aus Konsolidierung und Wachstumsförderung weitergeführt werden.

In Bezug auf Ihre Frage nach der Belastung der Mittelschicht und Familien in diesem Land haben wir als SPD am 27. Mai 2008 Orientierungspunkte für ein Steuer- und Abgabenkonzept vorgelegt.

Das Konzept senkt Steuern und Abgaben integriert. Das heißt: Sie gehören zusammen und müssen aufeinander abgestimmt werden. Es führt nicht weiter, nur auf die Belastung durch Steuern zu schauen, die für den Durchschnittsverdiener deutlich geringer ist als die Belastung durch Sozialabgaben. Die SPD betrachtet Steuern- und Abgabenpolitik nicht als Selbstzweck - unser Leitbild bleibt das soziale Deutschland: Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat gerade für die Mittelschicht.

Dabei muss der öffentliche Haushalt immer im Auge behalten werden. Die Gesellschaft kann ihren Kindern auf 1.500 Milliarden Euro nicht noch neue Schulden "vererben". Der zweite Weg ist, dass wir in die Zukunftsaufgaben investieren müssen, das heißt, in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Darunter sind auch Investitionen in die Bereiche hinein, die helfen, Energie zu sparen.

Weil die SPD vor allem die Leistungsträger der Gesellschaft - von den Müllwerkern über das Pflegepersonal bis hin zu Facharbeiterinnen und Facharbeitern - entlasten möchte, wollen wir die Sozialabgaben von heute knapp 40 Prozent auf unter 36 Prozent absenken. Denn die Belastung dieser Berufsgruppen durch Sozialabgaben ist ungleich höher als durch Steuern: Für einen verheirateten Angestellten bedeutet dies: Mit 35.000 Euro Jahresbrutto zahlt er fast 7.000 Euro Steuern. Bei einer Absenkung der Sozialabgaben von 4 Prozent bedeutet dies bei einem Einkommen von 2.500 Euro im Monat 100 Euro Entlastung. Durch die Progression kommen dagegen Steuersenkungen vor allem Gutverdienern zu Gute, niedrigere Sozialabgaben nützen allen arbeitenden Menschen sowie arbeitsintensiven Unternehmen.

Wir sind die Partei, die die Beiträge senken will und zwar auf unter 36 Prozent, wie dies vor der deutschen Einheit gewesen ist. Dann kam der Fehler, bei allem was von Helmut Kohl richtig gemacht worden ist, dass ein Löwenanteil der deutschen Einheit über die Sozialsysteme finanziert worden ist. Das muss wieder in Ordnung gebracht werden. Dafür hat die SPD ein in sich schlüssiges Konzept auf den Tisch gelegt und das werden wir versuchen, umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil, MdB

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