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Hubertus Heil
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Frage von Stephan L. •

Frage an Hubertus Heil von Stephan L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Heil,

ich habe eine Frage zum Mindestlohn. Seit geraumer Zeit fordert die SPD einen gesetzlichen Mindestlohn. Ich bin ausdrücklich dafür. Meine Frage hierzu: Warum wurde dieser Mindestlohn nicht unter Schröder bereits eingeführt? Sie hatten ja immerhin 7 Jahre Zeit in der Regierung die Möglichkeit gehabt, diesen einzuführen? Meine nächste Frage bezieht sich auf die Leihfirmen.
Auf der Internetseite der Arbeitsagentur sind auf der Stellenbörse zur ca. 99,99% nur noch Zeitarbeitsfirmen oder private Arbeitsvermittler geschaltet, die die Aufgabe übernehmen, wofür die Arbeitsagentur eingentlich zuständig ist. Nämlich die Vermittlung von Arbeitslose in Arbeit. Wenn die Arbeitsagentur ihre Aufgabe nicht mehr nachkommt, wofür gibt es sie eigentlich noch? Etwa in der Auszahlung der Leistung und der Rückforderung von zu unrecht gezahlter Leistung? Wenn ja, dann soll sie sich gefälligt unbenennen in Agentur für Inkassowesen. In meinen Bekanntenkreis kenne ich keinen einzigen der über das Amt (Arbeitsamt oder Arge Jobcenter) jemals einen vernünftigen, gutbezahlten Job bekommen hat. Zurzeit wird an der Arbeitslosigkeit / Armut an diesem System klozig verdient. Wenn ein privater Arbeitsvermittler Arbeitssuchender gegen Vorlage eines Vermittlungsgutscheins in Höhe von bis zu 2000,00€ bekommt, dafür dass dieser die Leute wiederum an Zeitarbeitsfirmen vermittelt, muss der Gesetzgeber endlich aktiv werden und die Zeitarbeitsfirmen und privater Arbeitsvermittler gestzlich verbieten. So etwas hat es ja früher in Deutschland auch nicht gegeben.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Luckaßen,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.

Der von Gerhard Schröder und der rot-grünen Bundesregierung begonnen Reformkurs war nicht leicht, aber er musste gegangen werden. Es war wichtig, die Sozialsysteme zu reformieren und wieder mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Der Erfolg gibt dem Recht. Der Aufschwung ist da, die Arbeitslosenzahlen sinken stetig. Nun müssen wir schauen, dass wir diesen Aufschwung zu einem Aufschwung für alle machen.

Insbesondere für den Bereich Arbeit bedeutet dies für uns Sozialdemokraten, sozial ist nicht nur, was Arbeit schafft, sondern man muss von dieser Arbeit auch gut leben können. Deswegen setzen wir uns ganz ausdrücklich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ein. So konnten wir bereits Mindestlöhne im Rahmen des Entsendegesetzes für verschiedene Branchen erreichen, bspw. für die Gebäudereiniger und die Post. Weitere Branchen sollen folgen. Dafür werden wir uns stark machen.

Auch für den Bereich der Leih- und Zeitarbeit sehen wir Sozialdemokraten dringend Handlungsbedarf. Dies hat der SPD-Parteivorstand in seinem Beschluss zum Thema Gute Arbeit vom 6. Januar 2008 bereits festgehalten. Für viele Menschen ist Zeitarbeit eine sinnvolle Brücke in den Arbeitsmarkt. Sie können später in einem Stammbetrieb arbeiten. Die Reform der Zeitarbeit war deshalb sinnvoll und richtig. Es ist der Verdienst sozialdemokratischer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die Leiharbeit zu einem Wirtschaftszweig ausgebaut zu haben, in dem klare Regeln gelten und zumeist auch Tarifbindungen. Zeitarbeit sollte ausschließlich ein Instrument sein, das der Flexibilisierung des Personalbestandes von Unternehmen, der Abfederung von Beschäftigungsspitzen oder der Ergänzung der Stammbelegschaft durch Spezialisten für eine bestimmte Zeit dient.

Allerdings wird Zeitarbeit leider auch trotz Tarifbindung als Instrument des Lohndumpings gegenüber der Stammbelegschaft von einigen Unternehmen missbraucht und lässt diese oft auf ein Minimum dessen zusammenschrumpfen, was bei durchschnittlicher Auftragslage erforderlich wäre. Ursächlich dafür sind die in der Regel deutlich unter den Tarifverträgen der Stammbelegschaft liegenden Tarife der Zeitarbeitsfirmen. Außerdem stehen - zum Teil durch deutsche Unternehmer - im Ausland gegründete Zeitarbeitsfirmen in den Startlöchern, um selbst diese Bindung an niedrige Tarife zu unterlaufen. Einer der gravierendsten Missbräuche ist es, dass manche Unternehmen Tochtergesellschaften für Leiharbeit gegründet haben, ihre Einstellungen dort vornehmen und sich dann von dieser Tochtergesellschaft Arbeitnehmer ausleihen.

Hier besteht unübersehbar gesetzlicher Handlungsbedarf. Die SPD ist dem Grundsatz verpflichtet: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das muss nach der Einarbeitung auch für Arbeit auf Zeit gelten. Daher ist eine Neuausrichtung des Tarifgefüges in der Zeitarbeitsbranche dringend erforderlich. Die Vereinbarung eines Mindestlohnes auf Grundlage des Entsendegesetzes hilft, Lohndumping innerhalb des Zeitarbeitssektors zu verhindern. Darüber hinaus muss eine Lösung angestrebt werden, die die Entlohnung des Leiharbeiters in angemessener Weise an die Tarife der Stammbelegschaft anlehnt. Denn sonst konkurriert demnächst der Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche gegen die Mindestlöhne in den traditionellen Tarifbereichen. Und das wäre widersinnig. Es gilt: Ja zu einem hohen Maß an zeitlicher Flexibilisierung. Nein zu Lohndumping-Kaskaden. Daran müssen die Zeitarbeitsfirmen, deren Mitarbeiter, aber auch mittelständische Unternehmen, die Zeitarbeit vernünftig nutzen, interessiert sein.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil, MdB

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