Frage an Hubertus Heil von Swen E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heil,
können Sie mir erklären, warum Sie behaupten, dass Herr Koch in Hessen abgewählt wurde? Er ist doch mit 36,8 % der Wahlgewinner und hat damit den Auftrag, eine regierungsfähige Koalition zu bilden. Außerdem möchte ich anmerken, dass die SPD sich im Moment sehr unglaubwürdig macht, indem sie sich mit der Linkspartei einlässt, obwohl in Hamburg beschlossen wurde, sich von der Linkspartei abzuheben und sich nicht mit ihr "zu verbrüdern". Die Entscheidung der Abgeordneten Metzger ist daher zu begrüssen.
Mit freundlichen Grüßen aus NRW
Swen Eis
Sehr geehrter Herr Eis,
vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich Ihnen sehr gerne antworten möchte.
Die Diskussion um etwaige Formen der Zusammenarbeit der SPD mit der Partei "Die Linke" ist gegenwärtig Gegenstand der öffentlichen Debatte. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat sich zu dieser Frage ausführlich zu Wort gemeldet.
Die SPD muss sich mit der Herausforderung auseinanderzusetzen, die ein Fünf-Parteien-System mit sich bringt. Der Einzug der Linkspartei in mehrere Landesparlamente im Westen Deutschlands betrifft unsere Partei in besonderer Weise. Die SPD verfolgt weiter das Ziel, die "Linke" aus den Landtagen herauszuhalten. Dieses Ziel konnte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erreicht werden. In Hessen und Niedersachsen haben die Wählerinnen und Wähler jedoch anders entschieden.
Auf diese neue Lage wird sich die SPD einstellen. Klar ist: Die Linkspartei bleibt eine gegnerische Partei, mit der eine entschiedene inhaltliche Auseinandersetzung zu leisten ist.
Für den Umgang mit der Linkspartei im Bund gilt der Beschluss den der SPD-Parteivorstands am 25. Februar gefasst hat: In zentralen Fragen der Außen-, der Wirtschafts-, der Finanz- und der Sozialpolitik gibt es unüberbrückbare Gegensätze. Die Linkspartei verweigert sich der Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme. Sie nimmt in Kauf, dass die Lasten schlicht auf kommende Generationen verschoben werden und dass die Abgaben der Arbeitnehmer steigen. Die Linkspartei verweigert sich der internationalen Verantwortung und betreibt die Isolierung Deutschlands. Sie fordert mit der Abschaffung der NATO die Auflösung des transatlantischen Bündnisses. Sie stellt sich gegen den EU-Reformvertrag, um die europäische Einigung im Zeichen von Freiheit und Demokratie zu blockieren. Diese und andere Beispiele zeigen, dass eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene ausgeschlossen ist.
Die Landesverbände entscheiden selbst, mit welchen Parteien sie Gespräche über Formen der Zusammenarbeit führen. Denn die SPD war noch nie eine zentralistische Partei und ist mit der Autonomie der Landesverbände und ihrer Kompetenz immer gut gefahren.
Die Hessische SPD trifft die Entscheidungen zum Umgang mit der Linkspartei in eigener Verantwortung, es ist Aufgabe der SPD im Interesse des Landes und ihrer Wähler zu handeln. Die CDU und Roland Koch sind mit zweistelligen Verlusten abgewählt worden. Andrea Ypsilanti hat die Möglichkeiten ausgelotet, wie sie für Hessen eine neue, stabile Landesregierung bilden kann. Sie wird sich derzeit nicht zur Wahl stellen, da es unter den gegenwärtigen Umständen keine Basis für eine rot-grüne Minderheitsregierung gibt und da sich die FDP der Bildung einer gemeinsamen Koalition verweigert. In den kommenden Monaten wird die SPD daher ihre Initiativen in der Bildungs-, Hochschul- und Energiepolitik in den Landtag einbringen, um zu erreichen, wofür die hessische SPD gekämpft hat: den Politikwechsel.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil