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Hubertus Heil
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Frage von Hans-Günther F. •

Frage an Hubertus Heil von Hans-Günther F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Heil,

was spricht grundsätzlich dagegen, das Containern zu entkriminalisieren? Wieso kann in Tschechien per Gesetz verboten werden Lebensmittel wegzuwerfen, und in Deutschland nicht? Mir ist bewusst, dass die Produktion über den Bedarf hinaus Priorität im Wettbewerb hat. Aber muss man bei Lebensmitteln nicht die Kirche im Dorf lassen? Letztens habe ich im TV gesehen, dass man sogar mit Lebensmitteln spielt. Wann kommt endlich ein Einsehen der politisch Verantwortlichen, dass diese, schon dekadente, Entwicklung nicht in eine Bundesrepublik passt, die in ihrer Verfassung das Sozialstaatsprinzip als Staatsziel deklariert hat?

Vielen Dank für Ihre Mühe!

Mit freundlichen Grüßen
H-G Fischer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Frage rund um das Thema Lebensmittelverschwendung.

Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Jährlich fallen in Deutschland Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an, vieles davon ist eigentlich noch genießbar. Seit Jahren unterstütze ich daher den Wettbewerb „Zu gut für die Tonne“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, bei dem Projekte und Initiativen ausgezeichnet werden, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzen.

Das reicht aber natürlich nicht aus. In der SPD-Bundestagsfraktion haben wir aus diesem Grund erst Anfang Mai ein Positionspapier verabschiedet (https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-lebensmittelverschwendung-auf-allen-ebenen-bekaempfen-20200505.pdf) und fordern ein Gesetz, welches Lebensmittelhändler und -produzenten dazu verpflichtet, überschüssige Nahrungsmittel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln abzugeben. Außerdem sollen überflüssige haftungsrechtliche Hürden abgebaut und die Potenziale der Digitalisierung besser genutzt werden. Denn das Ausmaß an Lebensmittelverschwendung in unserem Land ist nicht länger hinnehmbar. Allein mit freiwilligen Maßnahmen und Appellen werden wir das Ziel der Bundesregierung, die Lebensmittelverluste bis 2030 zu halbieren, jedoch nicht erreichen. Wir brauchen verbindliche Zielvorgaben, eine gesetzliche Abgabeverpflichtung für Supermärkte und Hersteller und weniger rechtliche Hindernisse für Lebensmittelretter. Die Tafeln müssen mehr finanzielle Unterstützung bekommen und Schulen die Ernährungsbildung stärken. Mit entschlossenem Handeln kann es uns gelingen, das in der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen verankerte Ziel einer Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu erreichen. Unser Positionspapier „Lebensmittelverschwendung auf allen Ebenen bekämpfen“ ist dafür eine gute Grundlage.

Die Idee der Entkriminalisierung des Containerns sehe ich hier nicht als Schlüssel, um wirkungsvoll gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Man muss sich doch vielmehr darüber Gedanken machen, warum diese Waren überhaupt in dem Container sind. Da geht es um unser Konsumverhalten. Zudem ist Containern nicht risikofrei. Nicht immer lässt sich erkennen, ob Lebensmittel noch genießbar sind und so ggf. verdorbene Lebensmittel verzehrt werden, die schwere Krankheiten auslösen oder sogar zum Tode von Menschen führen können.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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