Frage an Hubertus Heil von Barbara S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Um das politische Chaos seit Merkel einzudämmen, ist meiner Meinung nach dringend die Umwandlung in eine direkte Demokratie notwendig. Wie stehen Sie dazu?
Sehr geehrte Frau Schmitt,
ich danke Ihnen für Ihre E-Mail, in der Sie ein wichtiges Thema ansprechen. Leider komme ich erst jetzt dazu Ihnen zu antworten, da mich in den vergangenen Monaten sehr viele Zuschriften erreicht haben, die ich alle zu beantworten versuche.
In Deutschland haben wir eine parlamentarisch-repräsentative Demokratie als politisches System. Meine Meinung nach hat sich dieses System in der Bundesrepublik seit ihrer Gründung bewährt und ist stabil. Allerdings sehe ich auch und finde ich es persönlich sehr schade, dass die Bereitschaft sich aktiv in Parteien zu engagieren nachgelassen hat. Gleichzeitig ist aber auch eine breite Diskussion über alternative Beteiligungsverfahren sowie weitere direktdemokratische Elemente entstanden.
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits 1993, im Anschluss an die Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission, einen Gesetzentwurf eingebracht, um einen Volksentscheid auf Bundesebene zu ermöglichen (Bundestagsdrucksache 12/6323). Die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat kam aber schon im Bundestag nicht zustande. Auch in den darauffolgenden Jahren haben wir auf Bundesebene für die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden stark gemacht, jedoch ließ sich durch den Widerstand aus der Unionsfraktion kein Vorhaben durchsetzen.
Ich und meine Fraktion stehen aber weiterhin zu diesen Inhalten, wie wir sie auch Hamburger Parteiprogramm der SPD von 2007 festgehalten haben: „Der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft dient auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide. In gesetzlich festzulegenden Grenzen sollen sie die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund.“
Für mich ist dabei wichtig zu betonen, dass die parlamentarische Demokratie durch Elemente der direkten Demokratie ergänzt und nicht ersetzt wird.
Deshalb haben wir von der SPD auch durchgesetzt, dass im aktuellen Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU die Einsetzung einer Expertenkommission festgeschrieben wurde. Diese Kommission soll Vorschläge erarbeiten, ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann.
Kurzfristig ist daher wichtig, dass diese Expertenkommission eingesetzt wird und dann basierend auf deren Vorschlägen sowie der Programmatik der SPD weitere Schritte eingeleitet werden.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil