Frage an Hubertus Heil von Gisela M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Heil,
gerade finde ich in dem Entwurf des Angehörigen-Entlastungsgesetzes auf Seite 34 folgenden Satz, für dessen Bedeutung ich als Betroffene gerne eine Erklärung hätte:
"Daher ist es aus Gleichbehandlungserwägungen und, um eine Schlechterstellung dieser Leistungsberechtigten zu vermeiden, angezeigt, die Privilegierung aus § 94 Absatz 2 auch auf das Vierte Kapitel SGB XII auszuweiten."
Was im Dritten Kapitel bisher vielleicht als Privilegierung bezeichnet werden kann, wäre im 4. Kapitel allerdings nur für Großverdiener eine Privilegierung, aber eine neue Belastung für geringverdienende Eltern volljähriger Kinder, die dauerhaft so schwer behindert sind, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können. Dies geht auch aus der geplanten Änderung des § 94 SGB XII hervor, wo der Ausschluss des Anspruchsübergangs gegenüber Eltern und Kindern gestrichen werden soll und in Absatz 2 nach dem Dritten noch das Vierte Kapitel eingefügt werden soll.
Da Absatz 3 unverändert bleiben soll, würde dies im Umkehrschluss bedeuten, dass ich für meinen 32-jährigen schwerstbehinderten Sohn wegen seines Grundsicherungsanspruchs neuerdings monatlichen Unterhalt in Höhe von mindestens 20 € zu zahlen hätte - und zwar genausoviel, wie Eltern, deren Jahreseinkommen über 100.000 € liegt und bisher nicht "privilegiert" waren, so dass sich deren Situation verbessert, während meine sich verschlechtert. Oder verstehe ich da irgendetwas falsch? Da ich seit 30 Jahren alleinerziehend bin und wegen (!) meines behinderten Sohnes (neben einer gesunden Tochter) nur teilzeit-erwerbstätig sein konnte und kann, würde mich interessieren, ob ich aus dieser Situation heraus zukünftig tatsächlich auch noch zu einem "privilegierten" Unterhaltsbetrag für meinen 32-jährigen Sohn herangezogen werden soll? In diesem Fall wäre es für uns ein Angehörigen-Belastungsgesetz.
Für eine kurzfristige Antwort wäre ich sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
G. M.
Sehr geehrte Frau Maubach,
vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich des Angehörigen-Entlastungsgesetzes.
Ich freue mich, dass das Gesetz am 01. Januar 2020 in Kraft getreten ist. Mit diesem Gesetz entlasten wir viele unterhaltsverpflichtete Eltern und Kinder von pflegebedürftigen Angehörigen und können ihnen die Angst vor einem Unterhaltsrückgriff durch den Sozialhilfeträger nehmen.
Nur bei einem Einkommen oberhalb der Grenze von 100.000 Euro kann der Sozialhilfeträger die Eltern pflegebedürftiger Kinder zu Leistungen der Sozialhilfe heranziehen. Bei volljährigen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe und Pflegebedürftigen ist die Unterhaltsheranziehung der Eltern auch weiterhin in der Hilfe zur Pflege auf 34,44 Euro pro Monat und in der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf 26,49 Euro pro Monat gedeckelt (Stand 1. Januar 2020).
Darüber hinaus entfällt mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, dass unterhaltspflichtige Eltern volljähriger Kinder mit Behinderungen einen Beitrag zu deren Eingliederungshilfeleistungen leisten müssen - gänzlich unabhängig von ihrem Einkommen.
Frau M., ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen