Frage an Hubertus Heil von Ricarda H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Minister Heil,
Ihr Konzept "Respektrente" wird, wie üblich, schon im Vorfeld ohne fundierte Diskussion, sofort wieder zerredet, auf 130 Tsd. Berechtigte gemindert, die geschätzten Kosten von 5 Mrd. € reduziert auf 200 Mio. €.
Als Betroffene frage ich, brauchen wir dieses Konzept wirklich?
FRAGE: Warum werden mir als Rentnerin mit Grundsicherung immer noch vom Ersten € Zuverdienst 70 % als Einkommen angerechnet?
100 €/p.M. Freibetrag wäre echte "Hilfe zur Selbsthilfe". Viele würden gerne noch ein paar Stunden arbeiten und davon z.B. soziale Kontakte in unserer Konsumgesellschaft pflegen und selbst bezahlen. Das würde mir an Respekt genügen, nicht ständig Ausreden finden, warum gerade nicht, oder mich einladen lassen.
Respektlos sind MdB, die Artikel 1 GG zitieren und feiern, bei menschenwürdiger Anhebung des Regelsatzes aber sofort dagegen sind und die Kosten vier Stellen hinter dem Komma hochrechnen .
Respektlos ist der unrealistische, würdelose Regelsatz.
Respektlos ist in diesem Sozialstaat Bedürftige als "zu teuer" zu bezeichnen.
Respektlos ist, wenn eine Verbesserung "billiger" werden muss, besser nichts kostet. Es geht um ca.20% der Bevölkerung, die sich in einer überwiegend nicht selbst verschuldeten Notlage befindet und nicht um Produktionskosten für Nägel und Schrauben..
FRAGE: Warum beheben Sie nicht zügig die Fehler im bestehenden System, statt neue in einem neuen System zu machen?
Seit 2005 gilt, die Lebenshaltungskosten sind so hoch wie der Regelsatz, den die PolitikerInnen zu geben bereit sind. Lebenswichtig ist nur, was ich mir davon leisten kann. Das macht krank, bringt mich 10 Jahre früher in´s Grab, wird in die Sozialausgaben als Sparfaktor einkalkuliert. Das ist nicht nur respektlos, das ist zynisch.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist eben auch nur ein relativer Begriff und vom Standpunkt des Betrachters abhängig. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Mit freundlichen Grüßen
R. H.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich der Grundrente.
Sie fragten, ob ein solches Konzept überhaupt notwendig wäre. Meine Antwort darauf ist ein klares Ja, die Grundrente ist notwendig. Nach langen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU haben wir am 19.02.2020 den Gesetzesvorschlag zur Grundrente beschlossen. Das ist ein richtiger und wichtiger sozialpolitischer Schritt und ein notwendiger Beitrag im Kampf gegen Altersarmut. Mit der Grundrente sorgen wir dafür, dass die Menschen sich auf das Kernversprechen des Sozialstaats verlassen können: Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird im Alter künftig besser dastehen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Grundrente kommt 1,3 Millionen Menschen zugute, viele davon sind Frauen. Arbeit muss sich lohnen - auch in der Rente.
Die gesetzliche Rente ist die tragende Säule der Alterssicherung in Deutschland. Das Vertrauen in die Rente ist wesentlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Jede und jeder Zweite in Deutschland macht sich Sorgen um seine Absicherung im Rentenalter. Die Grundlage für eine gute Rente legen anständige Löhne, deshalb setzen wir uns auch weiterhin für ordentliche Löhne ein, für einen höheren Mindestlohn, für eine starke Tarifbindung und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Es ist aber auch Aufgabe der Solidargemeinschaft sicherzustellen, dass Arbeit sich lohnt und Menschen nach einem langen Arbeitsleben ein Auskommen haben, das ihre Leistung anerkennt.
Nach Jahrzehnten der Arbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen soll jeder am Ende besser dastehen, als hätte er keine oder nur kurzzeitig Beiträge geleistet. Profitieren werden zu großen Teilen Frauen, dir aufgrund der Familie und Kindererziehung nur Teilzeit gearbeitet haben, und Ostdeutsche, die oft besonders lange – aber zu niedrigen Löhnen – gearbeitet haben. Die Verbesserungen werden auch den Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen, die bereits eine Rente beziehen. Ihre oftmals langjährige Beitragszahlung gerade auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten hat wesentlich zur Finanzierung und Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung und zum Wohlstand in Deutschland beigetragen.
Die Rente wird um einen Zuschlag erhöht, wenn die Versicherten mindestens 33 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können – das sind Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit, aber auch Zeiten einer Pflichtversicherung von Selbständigen. Die Grundrente gibt es nicht bedingungslos, doch sie wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt. Sie wird bürgerfreundlich und unbürokratisch sein.
Zusammengefasst heißt dies: „Anerkennung der Lebensleistung“ - das ist das klare Ziel der Grundrente.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen und Ihre Fragen beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil