Frage an Hubertus Heil von Peter S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Heil,
in unserer betrieblichen Ersthelferschulung wurden wir darauf hingewiesen, dass man auf der Arbeit auf dem Weg zur Toilette versichert ist, aber nicht beim "Geschäft" selber.
Eigene Recherchen bestätigen mir diese Aussage, z.B. https://www.arbeitsrechte.de/arbeitsunfall-toilette/
Nun wurden wir auch von der Dozentin darauf hingewiesen, dass Unfälle wie z.B. ein Schlaganfall auf dem Klo gar nicht so selten ist und sie es in ihrer Praxis auch schon einmal erlebt hat, dass eine auf dem Klo zusammengebrochene Kollegin von ihren Kollegen aus dem Klo herausgezogen wurden und dann erst der Unfall gemeldet wurde, damit die Versicherung greift.
Da man auf Toilettenbesuche nicht verzichten kann, macht diese gesetzliche Regelung doch keinen Sinn.
Zumindest bei einer Beamtin hat es das Verwaltungsgericht Berlin (siehe obiger Link) auch schon einmal anders gesehen.
Ich möchte Ihnen naheliegen, diese sehr arbeitnehmerunfreundliche Regelung zu ändern bzw die Änderung auf den Weg zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
P. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihren Hinweise zur Anwendung der gesetzlichen Unfallversicherung.
Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung setzt voraus, dass sich der Unfall als Folge einer versicherten Tätigkeit ereignet. Entscheidend ist daher, ob das Handeln im Unfallzeitpunkt der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Notwendige und selbstverständliche Tätigkeiten, denen jeder Mensch unabhängig von seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht, sind dagegen nicht versichert.
Hierzu gehören nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte generell die allgemeinen täglichen Betätigungen, wie Essen und Trinken, und auch das Verrichten der Notdurft. Unfälle bei solchem „eigenwirtschaftlichen“ Handeln fallen nicht in die Risikosphäre des Unternehmers. Der Weg bis zur Kantine oder zum Sanitärbereich gehört hingegen zum versicherten Bereich, da der Versicherte diesen Weg aufgrund seiner betrieblichen Tätigkeit zurückzulegen hat.
Richtig ist, dass In dem von Ihnen angeführten Urteil zum Unfall einer Beamtin anders entschieden und Dienstunfallschutz bejaht wurde. Das Gericht hatte dabei darauf hingewiesen, dass zwischen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge und dem Unfallversicherungsschutz von Beschäftigten trotz gewisser Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung erhebliche strukturelle Unterschiede bestünden.
Aus der Auslegung der beamtenrechtlichen Bestimmungen ergibt sich daher kein Anlass, von der bisherigen Praxis im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung abzuweichen und Unfälle auf der Toilette künftig durch den Arbeitgeber entschädigen zu lassen. Die Unterscheidung zwischen betrieblicher Tätigkeit und eigenwirtschaftlicher Tätigkeit in der Unfallversicherung ist plausibel, allgemein akzeptiert und führt in der Regel auch nicht zu Auslegungsproblemen. Die Privatsphäre beginnt weiterhin spätestens mit dem Schließen der Toilettentür.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil